Osseten kämpfen auf russischer Seite

Präsident des von Georgien abtrünnigen Ministaates verkündet Truppenentsendung in die Ukraine. Georgien selbst versucht, neutral zu bleiben

  • Ramon Schack
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein südossetischer Soldat beim Training
Ein südossetischer Soldat beim Training

Anatoli Bibilow, Präsident der Republik Südossetien, hat nach eigenen Angaben Truppen zur Unterstützung des Verbündeten Russland in die Ukraine geschickt. »Unsere Jungs werden ihre militärische Pflicht mit stolz erhobener Fahne erfüllen«, ließ Bibilow am Wochenende im Messengerdienst Telegram verlautbaren.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Bibilows de-facto-Regime wird von Moskau kontrolliert und am Leben gehalten. Im August 2008 hatte die georgische Armee einen Angriffskrieg gegen Südossetien begonnen. Die Region hatte sich bereits im Zuge der Auflösung der UdSSR von Georgien losgesagt. Nun wollte die Regierung in Tiflis das Gebiet wieder gewaltsam in sein Territorium integrieren. Russland schritt damals ein, besiegte die georgische Armee innerhalb weniger Tage und marschierte sogar auf die Hauptstadt Tiflis zu. Damals war die in Sewastopol auf der Krim stationierte Schwarzmeerflotte Russlands an militärischen Aktionen gegen den Kaukasus-Staat beteiligt.

Die Regierung in Kiew musste damals hinnehmen, dass von ihrem Territorium aus kriegerische Aktionen gegen das befreundete Georgien stattfanden. Sewastopol war damals Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte, obwohl die Krim damals noch zur Ukraine gehörte. Die Fünfte Flotte der USA kreuzte damals vor Sewastopol, in Vorwegnahme der späteren geopolitischen Eskalation. Diese Erfahrung lässt der Regierung in Tiflis auch seine heutige prekäre geopolitische Lage deutlich werden, weshalb Georgien sich derzeit auch nicht den Sanktionen gegenüber Russland angeschlossen hat. Ferner lehnte Tiflis ukrainische Forderungen ab, Georgien möge Russland angreifen, um so eine zweite Front zu errichten.

Die georgische Regierung versucht, den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht zu reizen. Sie hat aber einen offiziellen Antrag auf die Aufnahme in die Europäische Union eingereicht. Zugleich kämpfen derzeit in der sogenannten Internationalen Legion auf ukrainischer Seite auch viele Georgier. Neben Südossetien wird auch Abchasien, eine weitere von Georgien abtrünnige Region, von Moskau anerkannt, was den Spielraum der Regierung in Tiflis weiter einschränkt.

Das militärische Engagement Südossetiens wird von der dortigen Regierung aber auch als eine Art Loyalitätsbekundung gegenüber Moskau dargestellt. Dabei folgt sie der Darstellung Moskaus, beim Krieg gegen die Ukraine gehe es um einen Kampf gegen »Nazis«. Präsident Bibilow erklärte: »Wenn der Faschismus nicht an den fernen Grenzen zerschlagen wird, wird er sich morgen wieder hier manifestieren.«

Zoll und Grenzschutz Südossetiens sind ohnehin direkt Moskau unterstellt, auch Armee und Polizei wurden in russische Strukturen eingegliedert. Russland unterhält in Südossetien mehrere Militärstützpunkte. Über die Anzahl der südossetischen Soldaten liegen keine genauen Informationen vor. In sozialen Netzwerken kursieren Bilder und Videos, auf denen Busse und Lastwagen zu sehen sind, geschmückt mit der Fahne Südossetiens, die anscheinend in Richtung Ostukraine unterwegs sind.

Die Osseten, eine iranischsprachige Ethnie, überwiegend orthodoxe Christen, die wahrscheinlich von den Awaren abstammen, leben im Südkaukasus, und zwar in Nordossetien, was zu Russland gehört und in Südossetien, das nach 1990 ein Teil Georgiens war und sich heute als unabhängiger Staat interpretiert. Der ist aber nur von Russland, Nicaragua, Venezuela, Nauru und Syrien anerkannt.

Laut südossetischen Quellen wurden Soldaten der in dem Kleinstaat stationierten 58. Russischen Armee in die Ostukraine geschickt, wo sie auf Seiten der Separatisten im Donbass kämpfen sollen. Der Krieg in der Ukraine wirft also seinen Schatten auf den Südkaukasus und erhöht die Spannungen dort. Insbesondere gilt dieses für die Länder und Regionen, die unter ungelösten Territorialkonflikten leiden. Neben Georgien, Abchasien und Südossetien sind das Armenien und Aserbaidschan. Aus Sicht Moskaus besteht die Kaukasusregion aus eigenen Föderationssubjekten im Norden und dem »nahen Ausland« im Süden.

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