Bundeswehr bekommt Killerdrohnen

Bundestagsausschuss stimmt Beschaffung zu. Regierung beruft sich auf Gefahr durch Russland

Bei den Grünen war in der vergangenen Legislatur eine Mehrheit dagegen. Auch in der bis Ende 2021 mit der Union regierenden SPD lehnte zumindest die Basis die Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr mehrheitlich ab. Doch seit der «Zeitenwende», zu der Bundeskanzler Olaf Scholz den Angriff Russlands auf die Ukraine erklärt hatte, gibt es in beiden Parteien kaum noch Widerspruch dagegen. Die seit Dezember mit SPD und Grünen regierende FDP hatte die Ausrüstung der Truppe damit ohnehin stets befürwortet.

Am Mittwoch votierte auf Antrag der Ampelkoalition eine große Mehrheit im Verteidigungsausschuss des Bundestages für die beschleunigte Bestellung von 140 Drohnen des israelischen Typs Heron TP. Sie sollen binnen zwei Jahren geliefert werden. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 152,6 Millionen Euro. Am Nachmittag stimmte auch der Haushaltsausschuss des Parlaments dem Vorhaben zu.

Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine bestehe «dringender Bedarf», die Bewaffnung der Drohnen «zeitnah» in Auftrag zu geben, heißt es in einer Vorlage des Bundesverteidigungsministeriums für den Ausschuss, die der Nachrichtenagentur AFP vorlag. «Um der neuen Bedrohung entgegentreten zu können, muss die Ausstattung der Bundeswehr daher unverzüglich ertüchtigt werden, wozu insbesondere auch die Bewaffnung der Heron-Drohnen vorangetrieben werden soll.» Laut Regierungsvorlage kann die Bewaffnung nur mit in Israel entwickelter Spezialmunition erfolgen, deren Bezug und Ausfuhr die israelische Regierung zustimmen müsse.

Von den 140 Drohnen sind 60 für Trainingszwecke vorgesehen und 80 für den «operationellen Einsatz». Dem Erwerb von Heron-TP-Drohnen hatte der Bundestag schon 2018 zugestimmt, allerdings noch ohne Bewaffnung. Die Anschaffung bewaffneter Drohnen war im Grundsatz bereits von der früheren Bundesregierung aus Union und SPD beschlossen worden. Ende 2020 hatte die SPD aber ihre Zustimmung zur Bewaffnung verweigert. Die Ampel-Parteien hatten die Bewaffnung in ihrem Koalitionsvertrag noch für diese Legislaturperiode festgeschrieben.

Der Entwurf des SPD-geführten Verteidigungsministeriums für den Einsatz der bewaffneten Drohnen sieht strikte parlamentarische Vorgaben für den Einsatz vor.

Er soll nur gestattet sein, wenn der Bundestag dies zuvor «explizit» gebilligt hat. Das Parlament könne zudem der Verwendung durch Einsatzauftrag, -gebiet und einzusetzende Fähigkeiten Grenzen setzen, heißt es im Entwurf weiter. Die Drohnen sollen zudem nur unter strenger Berücksichtigung des Schutzes von Zivilisten genutzt werden. Die Bekämpfung «legitimer militärischer Ziele im bewaffneten Konflikt» sei zu unterlassen, wenn dadurch Zivilisten gefährdet würden oder die «Beschädigung ziviler Objekte» zu befürchten sei und dies in «keinem Verhältnis» zum erwarteten «militärischen Vorteil» stehe. Die oppositionelle Union begrüßte die Anschaffung der Kampfdrohnen, kritisierte aber die strengen Einsatzbestimmungen scharf und sprach von einer «Misstrauenserklärung gegenüber der Bundeswehr».

Grundsätzliche Kritik an dem Vorhaben kam nur aus der Linken. Deren Vorsitzende Janine Wissler bedauerte, dass die SPD «ihren Widerstand dagegen aufgegeben» habe. «Die Bewaffnung der Drohnen dient nicht zum Schutz von Leben, sondern hat den Einsatzzweck Tötung programmiert», erklärte Wissler, die auch Bundestagsabgeordnete ist. Die Bewaffnung der Drohnen sei «ein weiterer Schritt zu automatisierten Kriegen» und ein «Einfallstor für Hinrichtungen ohne jegliches gerichtliches Verfahren». Żaklin Nastić, Obfrau der Linksfraktion im Verteidigungsausschuss, kritisierte: «Eine ernsthafte und breite gesellschaftliche Debatte über die Notwendigkeit der Beschaffung auch unter ethischen Aspekten», wie sie seit Jahren von den wechselnden Verteidigungsministerinnen versprochen worden sei, habe es nie gegeben«.

Friedensgruppen hielten am Mittwoch anlässlich der kurzfristig angesetzten Abstimmungen zur Kampfdrohnenbeschaffung eine Mahnwache vor dem Berliner Parlament ab. Die langjährige Friedensaktivistin Elsa Rassbach sprach von einem durch den aktuellen Beschluss ausgelösten »Dammbruch« für die Aufrüstung weiterer Drohnen. Im Ukraine-Krieg seien schon jetzt »tödliche türkische Kampfdrohnen mit Teilen aus deutschen Rüstungsunternehmen im Einsatz«. Mit Agenturen

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