- Wirtschaft und Umwelt
- Schließung Nordex-Werk
Proteste gegen Nordex-Werkschließung in Rostock
IG Metall und Linksfraktion im Nordosten fordern Unternehmen auf, den Weg für neue Investoren freizumachen
Der Kampf gegen den Klimawandel und die mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine ebenso drängende Notwendigkeit, dass sich Deutschland aus der Energieabhängigkeit von Russland befreit - beides macht einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig. Mit dem sogenannten Osterpaket hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der vergangenen Woche dafür erste Pläne vorgestellt: Bis 2030 sollen demnach 80 Prozent und bis 2035 praktisch 100 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren stammen. Schaffen will Habeck diese ehrgeizigen Ziele mit einer deutlichen Erweiterung der Stromgewinnung aus Solar- und Windenergie.
Mitziehen bei dem Vorhaben müssen dabei neben Ländern und Kommunen, denen es obliegt, die Flächen für die Anlagen auszuweisen, auch die entsprechenden Unternehmen, auf deren Fertigungsmöglichkeiten es nicht zuletzt ankommen wird. Durch die von der Regierung auf den Weg gebrachten neuen Gesetze allein »ist noch kein einziges Windrad neu gebaut oder eine Solaranlage«, brachte es Habeck am Montag in Berlin nach einem Gespräch mit Branchenvertretern und Unternehmen unter anderem aus den Bereichen Windkraft und Fotovoltaik auf den Punkt. Als Ergebnis der Zusammenkunft konnte der Wirtschaftsminister verkünden, dass die Industrie bereit und auch in der Lage sei, ihre Produktionskapazitäten wieder hochzufahren, damit »das, was in den Gesetzen steht, dann auch verbaut wird«.
Umwelt- und geopolitische Zwänge und eine Bundesregierung, die voll auf erneuerbare Energien setzt - vor diesem Hintergrund erscheint es umso paradoxer, dass bei diesem gigantischen Projekt Rotorblätter made in Rostock keine Rolle spielen werden. Zumindest nicht vom Hersteller Nordex, der Anfang des Jahres beschlossen hatte, das entsprechende Werk im Nordosten zu Ende Juni zu schließen. Als Begründung führt Nordex, das eines der größten und wenigen börsennotierten Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern ist, ein »herausforderndes Markt- und Wettbewerbsumfeld«, eine »Verschiebung der Nachfrage« und eine erforderliche »Anpassung der globalen Produktions- und Beschaffungsprozesse« an.
Gegen den Verlust der 530 betroffenen Arbeitsplätze haben am Montag nach Gewerkschaftsangaben rund 200 Beschäftigte des Rostocker Nordex-Rotorblattwerks und betroffener Logistikunternehmen gemeinsam am Werkstor des Standortes demonstriert. Die IG Metall will die Jobs in der Rotorenfertigung durch die Gewinnung neuer Investoren retten und fordert: »Nordex muss den Weg für andere Arbeitgeber und Investoren freimachen. Grundstücke und Gebäude müssen für Alternativen zur Verfügung stehen«, so Stefan Schad, Geschäftsführer der IG Metall Rostock-Schwerin. Doch auch im Falle einer Übernahme durch neue Eigner sei angesichts des nahenden Schließungstermins eine Transfergesellschaft nötig, die Nordex finanzieren müsse.
Auch Henning Foerster, wirtschafts- und gewerkschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Schweriner Landtag, nimmt Nordex in die Pflicht. Die verfehlte Energiepolitik der letzten Bundesregierungen und der damit verbundene schleppende Ausbau der Windenergie habe nicht nur klimapolitisch Konsequenzen, sondern auch dazu beigetragen, dass sich Windenergieunternehmen zunehmend auf ausländische Märkte konzentrierten, kritisiert Foerster gegenüber »nd« zunächst die energiepolitische Entwicklung der vergangenen Legislaturperioden. »Dennoch trägt Nordex eine große soziale Verantwortung, die Beschäftigten nun nicht im Regen stehen zu lassen.« Die Linksfraktion erwarte eine zügige und faire Vereinbarung über Abfindungen. »Sowohl für die Beschäftigten als auch für den Wirtschaftsstandort M-V ist aber auch eine kurzfristige Entscheidung über die Grundstücke notwendig, um neue Investoren zu finden, die dem Standort eine neue Perspektive geben können«, fordert Foerster. Man erwarte vom Unternehmen »die Einrichtung einer Transfergesellschaft, um die Fachkräfte in der Region zu halten«.
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