Für eine Stunde nach Moskau

Österreichs Kanzler verhandelte als erster EU-Regierungschef seit Kriegsbeginn mit Wladimir Putin

  • Birger Schütz
  • Lesedauer: 3 Min.

Österreichs Kanzler Karl Nehammer hat sich am Montagnachmittag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau getroffen. Es war der erste Besuch eines EU-Regierungschefs in Russland seit dem Beginn des Ukraine-Krieges vor fast sieben Wochen.

Die Unterredung fand hinter verschlossenen Türen in Putins Moskauer Vorstadtresidenz Nowo-Ogarjowo statt und dauerte rund eine Stunde. »Das Gespräch mit Präsident Putin war sehr direkt, offen und hart«, erklärte Nehammer anschließend. Seine wichtigste Botschaft an den russischen Präsidenten sei gewesen, dass dieser Krieg aufhören müsse. Denn im Krieg gebe es auf beiden Seiten nur Verlierer, so das österreichische Kanzleramt in einer Mitteilung.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Nehammer habe auch die Kriegsverbrechen in Butscha und anderen Vororten der ukrainischen Hauptstadt Kiew angesprochen. Er habe betont, dass all jene, die dafür verantwortlich sind, zur Rechenschaft zu ziehen seien. Über die Reaktion Putins war zunächst nichts bekannt.

Im Vorfeld hatte Nehammer angekündigt, sich bei Putin für die Errichtung von Fluchtkorridoren einzusetzen, wie der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg am Rande eines EU-Außenministertreffens in Luxemburg informierte. Es müsse »jede Chance« ergriffen werden, »um die humanitäre Hölle in der Ukraine zu beenden«.

Vor seiner Moskau-Reise hatte sich der österreichische Kanzler am Samstag mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew getroffen.

Nehammer hatte das Gespräch mit Putin am vergangenen Sonntag angekündigt. Das Treffen in Moskau sei mit den »europäischen Partnern« abgestimmt - unter anderem mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), informierte er. Ein offizielles EU-Mandat für den Besuch gab es indes nicht.

Die deutsche Bundesregierung begrüßte die Initiative des Österreichers. Man befürworte »jegliche diplomatischen Bemühungen, die darauf abzielen, ein Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine zu erreichen und Grundvoraussetzungen für Verhandlungen zu schaffen zwischen der Ukraine und Russland«, ließ Bundeskanzler Scholz in Berlin mitteilen. Er selbst habe im Moment jedoch »keinerlei Pläne«, nach Moskau zu reisen.

Österreichs führender Russland-Experte Gerhard Mangott kritisierte Nehammers Besuch bei Putin im Vorfeld der Reise. Moskau sei nicht an einem Waffenstillstand interessiert, schrieb Mangott am Sonntag im Kurznachrichtendienst Twitter. Nehammer verschaffe Wladimir Putin Fernsehbilder, die er selbst nicht kontrollieren könne. »Auch in Moskau weiß man, dass das kleine Österreich kein Gewicht hat, um auf die Meinungsbildung in der Europäischen Union zu Russland Einfluss zu nehmen«, erklärte Mangott am Sonntagabend im ORF-Fernsehen.

Mit Agenturen

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