Linke sticht sich selbst aus

Peter Steiniger zum Ausgang der ersten Runde der Wahl in Frankreich

In Frankreich herrscht viel Unzufriedenheit mit der Politik der vergangenen fünf Jahre. Doch die miteinander konkurrierenden Linkskräfte haben die Chance vertan, einem der Ihren zum Einzug in die Stichwahl um das höchste Staatsamt zu verhelfen. Zwar wurde Emmanuel Macron mit dem ersten Platz in Runde eins der Präsidentschaftswahl seiner Favoritenrolle gerecht. Doch einen großen Amtsbonus hat er vom Wahlvolk nicht erhalten - trotz der im Zuge der Pandemiebekämpfung gestärkten Rolle der Exekutive. Und trotz Macrons außenpolitischer Mission, den Kreml zu einer Einstellung der Feindseligkeiten gegen die Ukraine zu bewegen. Dass sich die Franzosen angesichts dieses Krieges nicht hinter ihrem Präsidenten versammeln, mag auch daran liegen, dass die Grande Nation die Grenzen ihres Einflusses auf den Verlauf des Konflikts vorgeführt bekommt. Macrons Verbalattacke auf den transatlantischen polnischen Regierungschef Morawiecki kurz vor der Wahl verdeutlichte auch seine Frustration.

Stattdessen prägen soziale Fragen die Debatte. Auch wenn sich Macron zuletzt als Neoliberaler mit Herz gab: Seine autoritären, ungerechten Reformen sprechen für sich. Die marktliberale Politik war Dünger für den Rechtsextremismus. Wie 2017 trifft Macron also auf die Nationalistin Marine Le Pen. Ein leider spannenderes Finale, bei dem die linke Opposition erneut nur noch auf das kleinere Übel verweisen kann. Unfähig zum taktischen Bündnis über Rivalitäten und ideologische Differenzen hinweg, verspielte sie ihre Chance. Dabei zeigt das Abschneiden von Jean-Luc Mélenchon, dass Unzufriedene auch von links erreichbar sind. Die Franzosen wären vor eine echte Richtungswahl gestellt worden. Auch wenn Mélenchon wohl nicht in den Élysée eingezogen wäre: Le Pen hätte bereits gestoppt werden können.

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