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Hofreiter wird’s auf jeden Fall nicht
Wer für die Nachfolge der am Montag zurückgetretenen Familienministerin Anne Spiegel am ehesten in Frage kommt
Eine Nachfolge für die am Montag zurückgetretene Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Bündnis90/Die Grünen) steht noch nicht fest. Allerdings gibt es erste Anzeichen dafür, wer den Posten übernehmen könnte – und vor allem, wer nicht. So sagte die Grünen-Parteivorsitzende Ricarda Lang am Dienstag zum Abschluss der zweitägigen Klausurtagung des Bundesvorstands in Husum der Presse: »Es wird eine Frau werden.«
Bedeutet: Anton Hofreiter, der schon bei der Besetzung des Ampel-Kabinetts im Dezember knapp an einem Ministerposten vorbeigeschrammt war, wird erneut leer ausgehen. Als mögliche Kandidatinnen für die Spiegel-Nachfolge gelten stattdessen die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt sowie die beiden Fraktionschefinnen Britta Haßelmann und Katharina Dröge. Auch die Thüringerin Göring-Eckardt hatte bereits im Dezember als Kandidatin für ein Ministeramt gegolten.
»Die andere Voraussetzung wird Kompetenz sein«, fügte die Parteichefin hinzu: Das Amt habe sehr große Bedeutung für die Modernisierung der Gesellschaft, auch trage die Familienministerin derzeit besondere Verantwortung angesichts der vielen nach Deutschland kommenden Frauen und Kinder aus der Ukraine. In jedem Falle soll die Suche nach einer Nachfolgerin möglichst noch vor den Osterfeiertagen abgeschlossen sein. Die Partei sehe sich in der Pflicht, »zeitnah einen Vorschlag zu machen«, sagte Ko-Parteichef Omid Nouripour: »Wir hoffen, dass wir bis Ostern damit durch sind.« Derzeit führe die Parteispitze viele Gespräche.
Kretschmann: Spiegel-Rücktritt »bitter«
Anne Spiegel war am Montag »aufgrund politischen Drucks« von ihrem Amt zurückgetreten. Vorausgegangen waren Debatten über ihren umstrittenen Frankreich-Urlaub, den sie als rheinland-pfälzische Umweltministerin im Sommer 2021 kurz nach der Flutkatastrophe an der Ahr angetreten hatte. Noch am Sonntagabend hatte sie unter Tränen eine Erklärung abgegeben, zunächst ohne Konsequenzen zu ziehen: Die Familie habe den Urlaube gebraucht, nachdem ihr Mann im Jahr 2019 einen Schlaganfall erlitten hatte und die Corona-Pandemie die vier kleinen Kinder geschlaucht gehabt habe. »Der Rücktritt war unvermeidlich, aber menschlich bitter«, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag: Es müsse ein Anliegen der Politik sein, auch in Führungsämtern Familie und Beruf vereinbaren zu können.
Hofreiter scheitert zum zweiten Mal
Nun wird eifrig über Spiegels Nachfolge diskutiert. Sofort fiel der Name Anton Hofreiter, der ursprünglich hoch gehandelt worden war, allerdings an parteiinternen Auseinandersetzungen scheiterte: Weil Cem Özdemir in seinem Wahlkreis Stuttgart bei der Bundestagswahl mit 40 Prozent das beste Erststimmenergebnis aller Grünen-Kandidat*innen erzielt hatte, kam man um ihn nicht herum. Außerdem hätte sonst niemand mit Migrationshintergrund im Kabinett gesessen. Also übernahm Özdemir das Landwirtschaftsministerium, Hofreiter stattdessen den Vorsitz des Europa-Ausschusses.
Nun ist der Bayer zum zweiten Mal gescheitert – obwohl er als linker Mann aus feministischer Perspektive sicher eine spannende Wahl gewesen wäre. Denn: Das Familienministerium wird seit fast 40 Jahren ausschließlich von Frauen geleitet. Letzter Mann auf diesem Posten war der CDU-Politiker Heiner Geißler zu Beginn der Kanzlerschaft von Helmut Kohl (1982-1985).
Unklar ist noch, ob die Grünen nach dem Rücktritt der Parteilinken Spiegel auch das Gleichgewicht der Flügel wahren wollen – das wiederum würde gegen Göring-Eckardt sprechen. Und für Katharina Dröge.
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