Kleine und richtige Drohnen

Die Ukraine verlangt auch nach echten Offensivwaffen, der Westen zögert noch

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit dem vor nahezu zweieinhalb Monaten begonnenen Überfall auf die Ukraine hat Russland erreicht, was es angeblich verhindern wollte: Zumindest aus rüstungspolitischer Sicht ist das Land in die Nato-Allianz aufgenommen. Der westliche Nachschub an Waffen und Munition rollt, ohne dass Russland die verdeckte Logistikkette ernsthaft gefährden könnte. Vor allem die in östlichen Nato-Staaten noch vorhandenen Muster, die bei den Empfängern keinen zusätzlichen Ausbildungsaufwand erfordern, erreichen das kämpfende Land. Dazu gehören Artilleriesysteme, Schützen- und T 72-Panzer, mit denen auch die russischen Truppen angreifen. Bereits jetzt, so rechnet das US-Verteidigungsministerium nun schon mehrfach vor, verfügt die Ukraine über mehr Kampfpanzer als die Aggressoren, deren Offensive im Donbass nur schleppend vorankommt.

Nachdem Slowenien und Rumänien sich zur Abgabe bereit erklärten, will auch Polen bis zu 200 solcher Tanks beisteuern. Auch die ukrainische Luftwaffe soll wieder kampffähig werden. Die Regierung in Bratislava will ihre Jets abgeben, da Polen den Schutz des slowakischen Luftraumes übernehmen wird.

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Zugleich jedoch beginnt eine zielstrebige Umrüstung der ukrainischen Streitkräfte auf Nato-Standards. Damit einher geht die Ausbildung vor allem durch US-Spezialisten, unter anderem in Deutschland und mit Hilfe der Bundeswehr. Den Umgang mit hochmobilen Flugabwehr- und Anti-Panzer-Raketensystemen haben die ukrainischen Soldaten rasch gelernt. Diese Verteidigungswaffen wurden in so großer Anzahl aus verschiedenen westlichen Staaten geliefert, dass es beispielsweise in den USA bereits Probleme bei deren Produktion gibt.

Nun läuft die Schulung an schweren Waffen. Während auf dem Truppenübungsplatz im bayerischen Grafenwöhr rund 50 Soldaten an 155mm-US-Haubitzen geschult werden, setzen andere ukrainische Artillerieeinheiten im Donbass bereits US-Mehrfachraketenwerfer ein. Das will der russische Militärgeheimdienst GRU herausgefunden haben.

Moskaus Analytiker registrieren sehr genau, welches westliche Gerät gegen die nur scheinbar überlegenen eigenen Truppen eingesetzt wird. Mit einiger Sorge registrieren sie derzeit den zunehmenden Einsatz sogenannter herumlungernder Munition. Diese »Kamikaze-Drohnen«, die eine Kamera und einen Sprengkopf tragen, sind relativ billig, doch hocheffektiv. Sie lassen sich von einem Soldaten im Rucksack transportieren und zumeist im Verbund mit anderen so leicht wie ein Spielzeug in die Luft bringen. Dort warten die Drohnen über Stunden, bis sich Ziele bieten, die dann selbstständig im »Selbstopfermodus« bekämpft werden – vor allem Truppenansammlungen oder Panzerfahrzeuge. Die USA haben solche Flugkörper namens »Phoenix Ghost« oder »Switchblade« »speziell auf die ukrainischen Anforderungen zugeschnitten entwickelt«, erklärte Pentagon-Sprecher John Kirby unlängst. Und sie sind offenbar bereits zu Hunderten im Einsatz.

Doch die Ukraine will nicht nur kleine Abwehrwaffen. Insider behaupten, Kiew spreche gerade mit dem US-Konzern General Atomics über die Lieferung von ausgewachsenen MQ-1C »Gray Eagle«-Drohnen. Die sind mit Hellfire-Raketen und zielsuchenden Bomben bewaffnet. Die US-Streitkräfte haben die fliegenden Killer in diversen Kriegen und bei Geheimdienstoperationen eingesetzt. Sie können unbemerkt und tief in gegnerische Lufträume eindringen und harte Schläge auf sogenannte Hochwertziele ausführen.
Ob die USA sie liefern? Tatsache ist, dass bislang kein westlicher Staat spezielle Offensivwaffen liefert, auch keine wie Kampf- und Schützenpanzer aus westlicher Produktion. Es heißt, die Ausbildung der Besatzungen und die notwendige Logistik ließen sich nicht so rasch bewerkstelligen.

Denkbar, dass es weitere Ablehnungsgründe gibt. Erhalte man nur die richtigen Waffen, so sei ein militärischer Sieg über den Aggressor und sogar die Rückeroberung der Krim möglich, sagen ukrainische Militärs und ernten Beifall bei einigen westlichen Strategen. Dass so notwendige und ernsthafte Gespräche über einen baldigen Waffenstillstand gefördert werden, ist nicht zu erwarten.

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