Regenbogenfahne als Fußabtreter erlaubt

Rechte drückten in Erfurt ihre Verachtung für Homosexuelle aus. Verwaltungsgericht Weimar hatte die Aktion ermöglicht

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 2 Min.

Am 1. Mai demonstrierten in Thüringens Landeshauptstadt Erfurt nicht nur Gewerkschafter, sondern auch Mitglieder der rechtsradikalen Partei »Neue Stärke«. Vor Beginn ihres Aufzuges hatten sie an dessen Spitze eine Regenbogenfahne auf den Boden gelegt. Anschließend liefen die Teilnehmer mit dem Sprechchor »frei, sozial und national« darüber, viele von ihnen erhoben die rechte Faust. Unzweifelhaft wollten die Rechten damit ihrem Abscheu gegenüber nicht-heterosexuellen Menschen zum Ausdruck bringen. Denn die Regenbogenfahne ist seit Jahrzehnten Symbol der Bewegung für gleiche Rechte für alle unabhängig von ihrer Sexualität und geschlechtlichen Identität.

Fast mehr als die Aktion der Neonazis selbst hatte zuvor die Gerichtsentscheidung für Empörung gesorgt, die diesen Missbrauch der Regenbogenfahne möglich gemacht hat. Die Stadt Erfurt als Versammlungsbehörde hatte es den Rechten nämlich untersagt, die Fahne in irgendeiner Weise diffamierend zu verwenden.

Das Verwaltungsgericht Weimar, das die Neonazis daraufhin angerufen hatten, erklärte die Auflage indes für rechtswidrig. Die zuständige Kammer entschied, das Verbot, »die Regenbogenfahne in ›diffamierender Weise‹ einzusetzen«, sei »unter versammlungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht gerechtfertigt«. Auflagen dürften nur erlassen werden, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet sei, teilte das Gericht mit. Das sei aber hier nicht erkennbar. Die Gefahrenprognose der Behörde bleibe »hinsichtlich des untersagten Zerreißens, Verbrennens, Besudelns, Beschmierens oder Benutzens der Fahne zur Reinigung öffentlicher Flächen, beziehungsweise als Abtrittsfläche zu unkonkret« und sei »nicht durch greifbare Tatsachen unterlegt«. Inzwischen ist klar: Die Befürchtung, die Neonazis würden die Fahne als Fußabtreter benutzen, war nicht aus der Luft gegriffen.

Die Weimarer Entscheidung reiht sich ein in eine ganze Serie von Beschlüssen der Verwaltungsgerichte im Freistaat, die im Zusammenhang mit rechten Aufmärschen bereits zahlreiche Auflagen gekippt haben. Die Kammern begründeten ihre Entscheidungen meist mit handwerklich schlecht gemachten Bescheiden der Versammlungsbehörden. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hatte im Zuge der Auseinandersetzung um Rechtsrock-Veranstaltungen eine eigene Task Force geschaffen, die die Kommunen dabei unterstützen soll, gerichtsfeste Auflagenbescheide zu erlassen.

Wie bei vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit wurde auch die jetzige Entscheidung scharf kritisiert. Der Landesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes erklärte, das Gericht habe Hass und Hetze gegen Homosexuelle »legitimiert«. Und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow veröffentlichte auf Twitter ein Foto von sich mit einer Regenbogenfahne. Dazu schrieb der Linke-Politiker: »Mein spezieller Gruß an das Verwaltungsgericht in Weimar. Regenbogenfahnen gehören vor die Staatskanzlei und nicht unter den Marschtritt brauner Menschenverächter.«

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