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- Gerhard Polt
Revolution gegen das Doofe
Gemein und aufmerksam: Gerhard Polt wird 80
Wie funktionieren Politik und Kunst in Bayern? Entweder man sitzt im CSU-Bierzelt und trinkt sein Bier, oder man ist draußen und läuft dann mit der roten Fahne in dieses Bierzelt rein, erzählte mir mal ein Münchner Linker. Warum kommt da politisch so wenig bei raus? Gerhard Polt erklärt es in seinem Sketch »Der Revolutionär«: Darin regt sich einer über die Verhältnisse derart auf, dass er zu dem Schluss kommt, da helfe nur eine Revolution – »und das ist der Grund, weshalb ich auch dieses Jahr wieder CSU wähle«.
Die Scherze von Polt sind gemein, denn er schätzt die Schadenfreude. Doch sein Vortrag lebt von der Kunst der Hemdsärmeligkeit, vorgetragen im oberbayrischen Idiom; das wirkt wie Folklore für Touristen. In Wahrheit ist das die permanente Revolution gegen das reale Doofe. Unterstützt wird er dabei live von den Liedern der Brüder Well, früher Biermösel Blosn: Klingt wie Volksmusik, ist aber bayerische Agitprop-Kunst.
Berühmt wurde Polt in den 80er Jahren mit der BR-Serie »Fast wia im richtigen Leben«, »ein ewig sehenswertes Kotzbrocken-Idyll« (Richard Oehmann). Gilt auch für seine knallharte, zweitlose Faschings-Studie »Kehraus«, seinem Kinodebüt von 1983. Das ist der unerbittliche Poltsche Realismus, der sich so poetisch-sardonisch entfaltet. »Ich denke mir nie irgendwas aus, sondern arbeite immer mit realen Bedingungen«, sagte er jetzt dem »Süddeutsche Zeitung Magazin«.
Der »Zeit« erzählte er 2010, was er als Kind werden wollte: Bootsverleiher. Weil der so ruhig war, »dieser Mann, der sich selbst genügte. Der Mann hatte Würde.« – »Er strahlte eine Art Widerstandsgeist aus?« – »Das ist es. Wenn ich eine Gruppe sehe, von denen neun mit großer Einigkeit und Begeisterung bei einer Sache mitmachen, und einer dreht sich weg, dann finde ich diesen einen interessant. Das ist mein Mann. Aber ich mache mir Sorgen, dass solche Leute weniger werden.«. Am heutigen Samstag wird Gerhard Polt 80.
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