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- Landtagswahl Schleswig-Holstein
Einbruch statt Aufbruch
Der Bundestrend drückte das Ergebnis der Linken auch im Nordwesten
Bodenständige Kandidatinnen und Kandidaten, Präsenz gerade junger Aktiver auf Straßen und Plätzen, flotter, wenngleich ein wenig mit maritimen Symbolen und Klischees überladener Zeichentrick-Werbespot: Am Erscheinungsbild der Linken wird es nicht gelegen haben, dass ihr auch bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein jeglicher Erfolg verwehrt geblieben ist. Das Ergebnis von 1,7 Prozent der Wählerstimmen sei, wie die Bundesvorsitzende Janine Wissler am Montag konstatierte, »bitter und enttäuschend«. Von einem Wiedereinzug ins Kieler Parlament ist Die Linke damit weiter entfernt denn je. Bei der Wahl 2017 war sie immerhin noch auf 3,8 Prozent gekommen, also auf mehr als doppelt so viele Prozentpunkte. In Wählerstimmen ist der Einbruch noch dramatischer, denn die Wahlbeteiligung war vor fünf Jahren mit 64,2 Prozent deutlich höher als jetzt (60,4 Prozent). Das beste Ergebnis hatte die Linkspartei im Nordwesten 2009 erzielt, als ihr mit sechs Prozent der Wählerstimmen der Einzug in den Landtag gelang. In jenem Jahr fand zudem zeitgleich die Bundestagswahl statt, bei der die Partei mit 11,9 Prozent das stärkste Votum ihrer knapp 15-jährigen Geschichte erhielt.
Wissler betonte, im ländlich geprägten Schleswig-Holstein sei es für Die Linke generell schwer, Fuß zu fassen. Denn es fehlten Parteistrukturen und Aktive in der Fläche. Zudem ist der Norden konservativ geprägt, in Regionen wie Dithmarschen gelten Sozialdemokraten bis heute als Linksradikale.
Nichtsdestotrotz berichteten Susanne Spethmann und Johann Knigge-Blietschau, die die Landesliste angeführt hatten, von durchaus ermutigenden Erlebnissen im Wahlkampf und bedankten sich insbesondere beim Landesverband der Linksjugend Solid für die große Unterstützung bei Infoständen, Haustürgesprächen und vielem mehr. Wissler hatte der Krankenpflegerin und dem Lehrer zuvor für ihren engagierten Wahlkampf gedankt. Spethmann habe »glaubwürdig und authentisch über die Zustände im Gesundheitswesen gesprochen«, Knigge-Blietschau das Thema einer Schule für alle stark gemacht.
Knigge-Blietschau sprach gleichwohl vom »eisigen Gegenwind, gegen den wir ankämpfen mussten«. Zu öffentlichen Podien und Fernsehdebatten zu Kernthemen der Linken wie Wohnungspolitik, gute Pflege und Bildungsgerechtigkeit seien deren Kandidaten gar nicht erst eingeladen worden, berichtete Spethmann. Und so traute laut ZDF-Politbarometer nur ein Prozent der Wähler der Linken Kompetenzen in den Feldern Energiepolitik oder Wirtschaft zu, bei der Verkehrspolitik waren es noch weniger. Dennoch habe man im Haustürwahlkampf und auf der Straße Zuspruch bekommen, so Spethmann. Das hat aber nicht gereicht, um der Partei zur Landtagspräsenz zu verhelfen. Das wäre nur der Fall gewesen, wenn alle Wähler unter 25 Jahren gewesen wären. In dieser Altergruppe entschieden sich nämlich mehr als fünf Prozent für die Linke. Genau deshalb sieht Knigge-Blietschau trotz des schlechten Ergebnisses Hoffnung für die Zukunft. »Wir geben jetzt nicht auf«, sagte der 53-Jährige.
Zugleich bestätigte er, dass der Rücktritt der Bundesvorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow kurz vor der Wahl und das »mediale Echo« auf Sexismusvorwürfe zum schlechten Ergebnis in Schleswig-Holstein beigetragen habe. Quantifizieren lasse sich der Anteil der Debatte auf Bundesebene und von Vorgängen wie dem Parteiaustritt des Mitgründers der Partei, Oskar Lafontaine, nicht. Spethmann meinte: »Ja, das ist uns um die Ohren geflogen.« Zwar habe die Linke im Nordwesten »schnell« mit Maßnahmen gegen strukturelle Defizite reagiert, so Knigge-Blietschau. Doch das habe »in der öffentlichen Wahrnehmung nicht genützt«.
Der Linke-Klimaexperte Lorenz Gösta Beutin mahnte am Montag auf Twitter, die Partei müsse in »zentralen gesellschaftlichen Fragen« endlich mit einer Stimme sprechen. Beutin, der 2017 über die schleswig-holsteinische Landesliste in den Bundestag eingezogen war, beschrieb die Stimmung bei der Linken in Kiel am Sonntagabend als »traurig, aber entschlossen, das Ruder herumzureißen«. Im Landtagswahlkampf habe die Partei auf den Kampf gegen Pflegenotstand, für bezahlbares Wohnen, Verkehrswende und Klimagerechtigkeit gesetzt und dabei neue Mitglieder gewonnen, »die sagen: jetzt erst recht«.
Janine Wissler will derweil die Hoffnung auf den Landtagseinzug in Düsseldorf bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen am kommenden Sonntag nicht aufgeben. Die Linke werde als Gegengewicht zu Aufrüstung und einer zunehmenden »sozialen Schieflage« gebraucht, sagte die Vorsitzende am Montag in Berlin. In Städten wie Gelsenkirchen sei Kinderarmut ein allgegenwärtiges Thema, während die Ampel-Koalition in Berlin ihre geplanten Maßnahmen dagegen »gerade vertagt« habe. »Wir kämpfen bis zuletzt um jede Stimme«, kündigte Wissler an.
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