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Kim Jong-un verschärft Kritik
Nordkoreas Staatschef moniert Behördenversagen im Kampf gegen die »Fieber«-Welle
Nordkorea hat während des Corona-Ausbruchs in dem international isolierten Land sechs weitere Todesfälle durch »Fieber« vermeldet. Die Zahl der Toten habe sich dadurch auf 56 erhöht (Stand Montagabend), meldete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Dienstagmorgen (Ortszeit). Insgesamt seien mehr als 1 483 000 Menschen an »Fieber« erkrankt und mindestens 663 910 Menschen medizinisch behandelt worden.
Die Mitarbeiter haben versagt, lässt Kim Jong-un durch die Staatsmedien erklären. Laut der politisch kontrollierten Nachrichtenagentur Korean Central News Agency (KCNA) hat Kim »das Kabinett und den öffentlichen Gesundheitssektor heftig kritisiert für ihre verantwortungslose Arbeitseinstellung und Organisations- wie Durchführungsfähigkeit«. Medizinische Maßnahmen erreichten die Bevölkerung nicht rechtzeitig, die Verantwortlichen »verstehen die gegenwärtige Krise nicht«.
Die harschen Worte, die der Regierungschef und Diktator von Nordkorea wählt, lassen erahnen, wie rasant sich die Pandemie dieser Tage im Land ausbreitet. Erst Mitte vergangener Woche vermeldete der abgeschottete Ein-Parteien-Staat zwischen China und Südkorea seinen ersten offiziellen Fall von Covid-19. Mittlerweile sind laut staatlichen Medienberichten 50 Personen gestorben, 1,2 Millionen haben Fiebersymptome. Bei einer Bevölkerung von 26 Millionen ist es ein explosives Wachstum.
Explosiv scheint aber auch die politische Stimmung im Land zu sein. Schließlich reagiert Kim Jong-un, der in dritter Generation die Kommunistische Partei Nordkoreas und damit den Staat anführt, ganz anders auf die Ausbreitung des Virus als Regierungschefs anderswo. Als Corona zum Problem der öffentlichen Gesundheit wurde, erklärte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dem Virus den Krieg. Der damalige US-Präsident Donald Trump spielte die Gefahren runter. Angela Merkel, in ihrer Zeit als Deutschlands Kanzlerin, appellierte an die Geduld und Leidensbereitschaft der Nation.
Strategien der Krisenkommunikation hat es in den vergangenen zwei Jahren unterschiedliche gegeben. Öffentlich gegen die eigenen Mitarbeiter*innen zu schießen, diese quasi für das Chaos verantwortlich zu machen, ist aber ein Alleinstellungsmerkmal Nordkoreas. Offensichtlich fürchtet Kim Jong-un um seine Legitimität als politischer Anführer eines krisenerprobten Landes und versucht, damit die Aufmerksamkeit von sich zu lenken. Schließlich sind auch die von Kim getroffenen Maßnahmen zumindest international umstritten.
Als Ende 2019 der erste Fall von Covid-19 im benachbarten China festgestellt worden war, reagierte die nordkoreanische Regierung mit strengen Grenzschließungen. Was das Virus fernhalten sollte, schottete Nordkorea auch wirtschaftlich ab. Wichtiger Güterverkehr ins Land, das inmitten wiederholter Waffentests seit 2017 von weitreichenden UN-Handelssanktionen betroffen ist, wurde somit gestoppt. Erst seit Beginn dieses Jahres begannen wieder Lieferungen – und haben womöglich das Virus eingeschleppt.
Pandemiepolitisch schien die totale Isolation angesichts der Umstände ein sinnvoller Schritt. Schließlich haben im agrarisch geprägten Land Maßnahmen wie Homeoffice-Anordnungen nur wenig Sinn. Ökonomisch verschlechterte sich aber eine ohnehin schon angespannte Lage. Ein Bericht des Welternährungsprogramms der UN befand im vergangenen Jahr, dass 42 Prozent der Bevölkerung unterernährt seien. In staatlichen Medien wird schon vermehrt von den Gefahren einer Dürre und diversen Gegenmaßnahmen berichtet.
Kim Jong-un wiederum scheint zu verstehen, dass seine nunmehr zehn Jahre währende Regentschaft zumindest in letzter Zeit kaum noch als erfolgreich gesehen werden könnte. Ende 2020 trat Kim unter Tränen vor die Öffentlichkeit und bat die Bevölkerung um Verzeihung, dass die Entwicklungsziele nicht erreicht worden waren. Die Bilder überraschten, da sich Kim bis dato gern als starker und praktisch unfehlbarer Führer präsentiert hatte. Die offensichtliche Überforderung bei der Kontrolle der Pandemie wiederum scheint er sich nicht auch noch anlasten zu wollen.
Der in Südkorea seit einer Woche regierende Konservative Yoon Suk-yeol hat nun schon wiederholt die Lieferung von Impfstoffen und anderen medizinischen Gütern angeboten; dabei hatte er im Wahlkampf noch einen Konfrontationskurs gegen Nordkorea angekündigt sowie die Aufrüstung Südkoreas. Aus Nordkorea wiederum ist laut dem südkoreanischen Wiedervereinigungsministerium bis jetzt keine Reaktion gekommen. Dort wendet man sich laut südkoreanischen Medienberichten lieber ans politisch befreundete China und bitte dort um Unterstützung. Vom Klassenfeind Hilfe anzunehmen würde womöglich verstanden als Zeichen der Schwäche, das sich Kim Jong-un gerade offenbar nicht leisten kann.
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