Schulmassaker in den USA: Geschichte wiederholt sich eben doch

Bleibt die Gesetzeslage so, wie sie ist, dann ist die nächste Schießerei an einer US-Schule nur eine Frage der Zeit, meint Christian Klemm

Es ist eine Tat, die wütend und traurig zugleich macht. Und hilflos. Das Schulmassaker im US-Bundesstaat Texas, das am Dienstagmittag (Ortszeit) mehr als 20 Todesopfer gefordert hat, setzt eine unsägliche Tradition fort, die mit dem Shooting an der Columbine High School im April 1999 begann. Als damals zwei Abschlussklässler in die volle Schule eindrangen und zwölf Schüler, einen Lehrer und anschließend sich selbst töteten, war die Welt geschockt. Heute, 23 Jahre später, ist sie es wieder. Geschichte wiederholt sich eben doch.

Nach Columbine gab es einen Aufschrei in der US-Öffentlichkeit. Erinnert sei an den Kinofilm »Bowling for Columbine« von Michael Moore, der die Macht der Waffen-Lobby in »God‹s own Country« gut dargestellt hatte. Dass man dort in einem Einkaufszentrum neben Lebensmitteln, Klamotten und Spielzeug als Volljähriger auch automatische Kriegswaffen kaufen kann, das war wohl nur den wenigsten hier in Deutschland klar.

Columbine ließ die Anzahl der »School Shootings« drastisch ansteigen. Während es vom 30. Dezember 1974 bis einschließlich 20. April 1999 insgesamt 45 Amokläufe an US-amerikanischen Schulen gegeben hatte, handelte es sich beim Schulmassaker von Parkland im Februar 2018 mit 17 Toten laut »USA Today« bereits um die 208. Schulschießerei in den USA seit Columbine. Der Amoklauf von 1999 gilt deshalb als »Mutter aller Schulmassaker«, der auch international Nachahmungstäter fand, zum Beispiel vor rund 20 Jahren in Erfurt. Eine Statistik der Gesundheitsbehörde CDC verzeichnete für das Jahr 2020 insgesamt 45.222 Schusswaffentote in den USA – mehr als 120 Tote pro Tag.

Nach jedem dieser Vorfälle wird in den Staaten die Forderung laut, die laxen Waffengesetze einzuschränken. So erklärte beispielsweise der frühere US-Präsident Barack Obama nach dem Amoklauf an der Sandy Hook Elementary School im Dezember 2012 mit 28 Todesopfern unter Tränen: »Wir haben in den vergangenen Jahren zu viele dieser Tragödien durchgemacht.« Der Demokrat deutete damals Konsequenzen an: »Wir müssen zusammenkommen und bedeutsam handeln, um Tragödien wie diese zu verhindern – ohne Rücksicht auf Parteipolitik.« Passiert ist seitdem: nichts. Zumindest nichts, was »Tragödien« wie jetzt im texanischen Uvalde hätte verhindern können.

Obama meldete sich auch nach den Ereignissen in Texas ähnlich wie 2012 zu Wort. Rückendeckung erhält er von Amtsinhalber Joe Biden, der nun sagte: »Ich habe es satt.« Und wie Obama vor rund zehn Jahren schiebt er hinterher: »Wir müssen handeln.«

Richtige Worte, die nur eins befürchten lassen: Dass die Waffenrechte wieder nicht eingeschränkt werden. Denn für weitreichende Gesetzesänderungen fehlen Bidens Demokraten die nötigen Stimmen im US-Senat. Und einen Republikaner von der Notwendigkeit strengerer Waffengesetze zu überzeugen, ist ungefähr so leicht, wie den Papst vom Zölibat abbringen zu wollen.

Bleibt die Gesetzeslage also so, wie sie ist, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Schießerei an einer US-amerikanischen Schule stattfindet. Auch Bidens Nachfolger wird dann um die Toten trauern und vermutlich die Worte sagen, die wir bereits oft gehört haben. Zu oft.

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