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Haben Islands Vulkane die Französische Revolution ausgelöst?

Christian Klemm spricht dem dem nd-Wissenschaftsexperten Steffen Schmidt über Vulkanismus

Lava und Rauch treten aktuell aus einer zwei Kilometer langen Spalte des Svartsengi-Vulkansystems auf der Halbinsel Reykjanes im Südwesten Islands aus.
Lava und Rauch treten aktuell aus einer zwei Kilometer langen Spalte des Svartsengi-Vulkansystems auf der Halbinsel Reykjanes im Südwesten Islands aus.

In Island ist kürzlich erneut ein Vulkan ausgebrochen. Warum passiert das dort so häufig?

Ein Mal in fünf Jahren kracht es dort im Schnitt. Zum einen deswegen, weil es dort viele Vulkane gibt. 130, um genau zu sein. 30 davon sollen laut Experten aktiv sein. Und zum anderen haben die häufigen Ausbrüche mit der Lage Islands im Nordatlantik zu tun. Die Insel liegt auf dem Mittelatlantischen Rücken, einem unterseeischen Gebirge, das sich vom Nordpol bis zur Antarktis zieht. Dort werden durch aufsteigendes Magma die nordamerikanische und die eurasische Kontinentalplatte auseinandergeschoben.

Wo es viele Vulkane gibt, kommen auch häufig Erdbeben vor. Hängt beides miteinander zusammen?

Nicht zwangsläufig. Natürlich kann beides zusammen vorkommen, zum Beispiel im mittelamerikanischen Nicaragua. Doch es geht auch anders. Erinnert sei an die Anatolische Platte, deren Grenzen sich am Schwarzen Meer und der Grenze zu Syrien entlangziehen. Das letzte große Beben ereignete sich dort im vergangenen Jahr – ganz ohne Vulkan.

Dr. Schmidt erklärt die Welt

Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere. Christian Klemm sprach mit ihm über Vulkane auf Island.

Die Geothermie deckt einen Großteil des isländischen Energiebedarfs. Also hat Vulkanismus auch was Positives.

Richtig, rund 65 Prozent des Primärenergiebedarfs auf der Insel werden mit Geothermie gedeckt. Praktisch alles, was nicht auf flüssige Treibstoffe angewiesen ist, läuft über Geothermie. Darüber hinaus wird ein nennenswerter Teil des Stroms auf Island durch Wasserkraft produziert.

Hat die Geothermie Nachteile wie zum Beispiel das Fracking, bei dem durch den Einsatz von Chemikalien Erdgasfelder ausgebeutet werden?

In solchen Vulkangebieten nicht. Da werden Heißwasservorkommen im Boden angezapft. Das geht ohne Fracking.

Ausbruch ist aber nicht gleich Ausbruch. Was sind die Unterschiede?

In der Tat gibt es verschiedene Eruptionsvarianten. Bei der aktuellen auf Island tritt »nur« flüssige Lava aus und das glücklicherweise in Richtung Süden, wo verhältnismäßig wenig Menschen leben. Bei anderen Vulkanen kann es zu explosiven Eruptionen kommen, bei denen große Mengen Asche in die hohe Atmosphäre geschleudert werden. Das war 2010 auf Island beim Ausbruch des Eyjafjallajökull mit erheblichen Einschränkungen des europäischen Flugverkehrs verbunden. Ein Ausbruch war Ende des 18. Jahrhundert sogar für die Französische Revolution mitverantwortlich.

Das ist doch Quatsch, oder?

Nicht ganz. Denn dieser hat mehrere schlechte Ernten in Frankreich zur Folge gehabt, weil durch den Ausbruch riesige Mengen an Schwefeldioxid nach Westeuropa kamen. Das hatte in den damals landwirtschaftlich geprägten europäischen Ländern massive Konsequenzen für das Leben der Leute.

Wie wirken sich die aus dem Vulkan austretenden Gase denn aus?

Schwefeldioxid und Asche in den höheren Schichten der Atmosphäre schirmten Sonnenlicht ab, was schlecht für die Pflanzen auf dem Acker ist. Zudem gab es sauren Regen.

Und die Leute in Island kamen glimpflich davon?

Für die Isländer selber war es noch schlimmer, da sie noch mehr giftige Gase abbekommen haben. Ein Viertel der Inselbevölkerung kam damals um.

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