Was ist zumutbar und wer zahlt die Kosten?

Fragen & Antworten zur Ersatzunterkunft bei einer Mietwohnung

  • Lesedauer: 5 Min.

Bei umfangreicher Modernisierung kann der Mieter oftmals nicht in seiner Wohnung bleiben. Aber welche Ansprüche hat der Mieter auf eine Ersatzunterkunft? Wie ist die Kostenfrage geregelt?

Im Gesetz steht dazu wenig: § 555 d Abs. 6 BGB sieht vor, dass der Vermieter alle modernisierungsbedingten Aufwendungen des Mieters ersetzen und hierfür auch Vorschuss leisten muss. Weil es keine Grundsatzurteile hoher Gerichte zu Ersatzunterkünften gibt, ist jeder Einzelfall tückisch. Deshalb ist eine Beratung vor Beginn der Modernisierungsmaßnahmen in jedem Fall empfehlenswert. Denn bei unkooperativen Vermietern bleibt man sonst auf seinen Kosten sitzen.

Muss der Vermieter eine Ersatzunterkunft stellen?
Eine strittige Frage, die das Landgericht Berlin im Zusammenhang mit einer Modernisierung bejaht hat. Demnach lässt sich dem Begriff der »Duldung« nach § 555 d Abs. 1 BGB keine Verpflichtung oder auch nur Obliegenheit des Mieters entnehmen, das Modernisierungsvorhaben des Vermieters dadurch aktiv zu unterstützen, dass er seinen Ersatzwohnbedarf selbst deckt.
Dem Wortsinn nach erfasse der Begriff der Duldung ein passives Verhalten, während die Suche nach Ersatzwohnraum eine erhebliche und äußerst kurzfristige Aktivität erfordere (Landgericht Berlin vom 17. Februar 2016, Az. 65 S 301/15). Bei Instandsetzungen dürfte der Mieter dagegen in der Regel verpflichtet sein, sich selbst ein Ersatzquartier zu suchen.

Was muss der Mieter bei der Suche nach dem Ersatzquartier beachten?
Der Mieter ist verpflichtet, die Kosten für eine zeitweilige Ersatzunterkunft so gering wie möglich zu halten. Es ist ratsam, mehrere Angebote einzuholen. Ein Apartment mit Kochmöglichkeit ist zu bevorzugen, da sonst unangemessen hohe Kosten anfallen können. Schlägt der Mieter das Angebot des Vermieters auf eine zumutbare Ersatzwohnung aus dessen Bestand aus, kann er keine Kostenerstattung für Kosten der Ersatzquartier fordern. Je länger die eigene Wohnung unbenutzbar ist, desto weniger wird der Mieter sich mit einer vom Standard erheblich abweichenden Ersatzunterkunft zufriedengeben müssen.

Wie ist es, wenn nur einzelne Räume bei Modernisierungsarbeiten nicht genutzt werden können?
Hier kann der Mieter einen Anspruch auf eine adäquate Ersatzunterkunft haben. Nach Ansicht des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg ist es unzumutbar, bei vierwöchigen Arbeiten in einer leeren, aber kleineren Nachbarwohnung zu schlafen und sich zum Kochen und Duschen in die von den Bauarbeiten nicht betroffenen Räume der eigenen Wohnung zu begeben (Amtsgericht Berlin-Schöneberg vom 21. August 2015, Az. 19 C 458/14).

Welche Besonderheiten gelten für einen Hotelaufenthalt?
Im Einzelfall kann fraglich sein, ob eine Hotelunterkunft angemessen ist. So rechtfertigt der kurzzeitige Ausbau von Sanitäreinrichtungen im Rahmen von Modernisierungsarbeiten keinen Hotelaufenthalt – eine Unterbrechung der Wasserzufuhr von Freitag bis Montag aber durchaus. Ein Hotelpreis von 200 Euro für das Wochenende ist gerade noch angemessen (Amtsgericht Mitte vom 10. März 2021, Az. 17 C 237/20).
Was ist »angemessen« für alte, schwerbehinderte und pflegebedürftige Menschen?
Alten und schwerbehinderten Mietern kann der Verbleib in ihrer Wohnung selbst dann unzumutbar sein, wenn die Modernisierungsarbeiten allgemein als relativ geringfügig empfunden werden (Landgericht Berlin vom 18. März 2016, Az. 65 S 171/15). Bei umfangreichen Maßnahmen von Bad und Küche oder dem Einbau neuer Heizkörper im Winter können pflegebedürftige Mieter eine Kurzzeitpflege beanspruchen. Von diesen Aufwendungen abzuziehen sind die von der Pflegekasse übernommenen Kosten. Vom Vermieter zu erstatten sind Mietkosten für Fernseher, weil der pflegebedürftige Mieter einen Anspruch darauf hat, seinen Lebensstandard beizubehalten.
Muss der Vermieter auch Umzugs-, Rückzugs-, Reinigungs- und Lagerkosten tragen?
Ja, diese Positionen gehören zu den Aufwendungen, die der Vermieter ebenso tragen muss wie Kosten einer notwendigen Einlagerung der Möbel und besonders gefährdeter Hausratsgegenstände und Pflanzen. All das muss der Vermieter auch organisieren. Weigert er sich, kann der Mieter dies selbst erledigen. Für eigene Arbeitsstunden oder für die eines freiwilligen Helfers kann er 10 Euro je Stunde berechnen.

Muss der Vermieter auch dann umzugsbedingte Aufwendungen zahlen, wenn der Mieter kündigt?
Nein. Kündigt der Mieter wegen bevorstehender, umfangreicher Modernisierungsmaßnahmen, handelt es sich bei seinen Umzugskosten nicht um eine Aufwendung, die ersetzt werden muss.

Was müssen Mieter bei reparaturbedingten Umzügen beachten?
Solange der Vermieter noch nicht mit der Instandsetzung begonnen hat, können Mieter die Kosten einer Ersatzunterkunft dem Vermieter nicht in Rechnung stellen.
Ein Beispiel: Die Wohnung steht nach einem Wasserschaden unter Wasser. Sofern der Vermieter den Wasserschaden nicht verschuldet hat, muss der Mieter anfangs die Kosten für den Hotelaufenthalt aus eigener Tasche bezahlen. Erst mit Beginn der Reparaturarbeiten muss der Vermieter für diese Kosten aufkommen. Anders ist es, wenn der Vermieter die Arbeiten bewusst verschleppt: Dann ist er ab Verzugseintritt zum Schadenersatz und zur Kostenübernahme verpflichtet.

Kann der Mieter bei einer – gegenüber seiner Wohnung schlechteren – Ersatzunterkunft die Miete mindern?
Das ist zwar umstritten, aber im Einzelfall vertretbar. Ein Beispiel: Die unbenutzbare Wohnung kostet 500 Euro, die Ersatzunterkunft in einer Pension 700 Euro. Der Vermieter zahlt als Ausgleich 200 Euro. Der Mieter verlangt weitere 100 Euro bei 20 Prozent Minderung, da das Pensionszimmer kleiner, lauter und ohne seine Möbel ausgestattet ist. Das Landgericht Berlin hat sogar geurteilt, dass der Mieter bei Unbenutzbarkeit der eigenen Wohnung weder Miete für diese noch Nutzungsentgelt für die Ersatzunterkunft schuldet (Landgericht Berlin vom 24. März 2021, Az. 67 S 336/20). Ausgeschlossen ist die Minderung, wenn der Vermieter dem Mieter eine gleichwertige Ersatzunterkunft mit vergleichbarem Standard stellt.

Gibt es zeitliche Grenzen für den Verbleib in einer Ersatzunterkunft?
Grundsätzlich wird der Vermieter dem Mieter nicht zumuten können, länger als ein Jahr in einer Ersatzunterkunft zu wohnen (Landgericht Berlin vom 17. Februar 2016, Az. 65 S 301/15). Steht diese Dauer von Anfang an fest, darf der Mieter der geplanten Modernisierung im Einzelfall sogar einen Härtegrund entgegenhalten.
Was ist zu tun, wenn er im Umsetzquartier ist und die Bauarbeiten sich monatelang verzögern? Für diesen nicht seltenen Fall sollte vereinbart werden, dass bei Verzögerungen eine zusätzliche Minderung der Mietzahlung zulässig ist. Wegen solcher Unwägbarkeiten ist es sinnvoll, alle möglichen Streitpunkte in einer Vereinbarung vorab zu regeln. Aus MieterMagazin 1+2/2022

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