Hoch mit den Mieten!

Andreas Koristka fordert Solidarität mit den Vorständen von Wohnungskonzernen

Neben den ukrainischen Zivilisten sind es deutsche Wohnungen, die besonders an den Kriegsfolgen zu leiden haben. Die Preissteigerung setzt ihnen zu. Denn egal, ob sie ihr Auto volltanken oder im Supermarkt fünf Liter Rapsöl kaufen: Überall müssen sie mehr bezahlen. So kann das nicht weitergehen, denn auch die Wohnungen müssen irgendwie ihre Rechnungen bezahlen und etwas essen und trinken können. Der größte deutsche Wohnungskonzern Vonovia hat als logische Konsequenz angekündigt, dass wegen der allgemeinen Preissteigerung nun auch die Wohnungspreise steigen müssen.

In diesem Zusammenhang ist »steigen« genau das richtige Wort, denn nach lang andauerndem Starkregen käme auch niemand auf die Idee zu sagen, dass der Pegelstand der Elbe von ein paar widerlichen und zynischen Kapitalistenschweinen »erhöht« worden sei. Es sind Naturgewalten, die unsere Mieten ansteigen lassen. Das ist ähnlich wie bei Ebbe und Flut. Oder im Falle der Wohnungswirtschaft eben wie bei Flut und Flut.

Die Mieten werden lediglich einer allgemeinen Entwicklung »angepasst«. Das muss man als Mieter aushalten können. Denn in den vergangenen Jahren hat sich auch keiner von ihnen wegen der Mietminderungsschreiben in den Briefkästen beschwert, die eintrudelten, wenn der Spritpreis mal unter die Marke von 1,20 Euro rutschte.

Jetzt ist das Geschrei wieder groß und es wird gegen die Vermieter geschimpft und gezetert. Benimmt man sich so als Gast einer Wohnung gegenüber seinem Gastgeber? Wäre es nicht angebrachter, sich darüber zu freuen, dass man etwas nutzen darf, was so wertvoll ist, dass 25 Euro pro Quadratmeter warm einen marktüblichen Preis dafür darstellt?

Es ist wirklich wie bei den Naturgewalten, man kann nichts gegen steigende Mietpreise unternehmen. Gut, man kann für einen Volksentscheid zur Enteignung der großen Wohnungskonzerne stimmen, wie es in Berlin passiert ist. Aber dann darf man eben nicht Franziska Giffey ins Amt der Berliner Bürgermeisterin wählen. Da müssen sich die Berlinerinnen und Berliner schon ein bisschen die Frage gefallen lassen, was diese Inkonsequenz eigentlich soll. Man darf es Franziska Giffey jedenfalls nicht vorwerfen, dass sie den Volksentscheid nicht umsetzt. Schließlich hat sie partout keine Lust darauf. Wenn man Kindern sagt, sie sollen ihr Zimmer aufräumen, machen sie es ja auch nicht.

Die mietende Bevölkerung sollte sich mit den Umständen arrangieren. Es ist der einzige würdevolle Weg. Jeder und jede, der und die jetzt zur Mistforke greift und sich einem Lynchmob anschließt, der danach trachtet, den Vonovia-Vorstand davonzujagen, macht sich in hohem Maße lächerlich und handelt zudem sozial unverantwortlich. Denn schon heute klagen die Tafeln darüber, dass sie nicht mehr genügend Lebensmittel anbieten können, weil seit Kurzem auch das Führungspersonal der großen Wohnungsunternehmen vorstellig wird. Da gilt es anzusetzen, denn die Inflation frisst auch das Geld der ehemals Wohlsituierten.

Diese Menschen erleben den Verlust viel intensiver als gewöhnliche Mieter, die ja in aller Regel auch schon letztes Jahr nicht besonders reich waren. Deshalb sollten Mieter ihre Vermieter jetzt unterstützen. Es ist keine große Sache, wenn man zusätzlich zur Miete freiwillig ein bisschen mehr überweist. Selbst wenn es nur fünf Euro sind. Wenn dies alle Mieter der Vonovia tun, dann kann sich Vorstandschef Rolf Buch bald wieder Essen kaufen und ein Auto und eine Villa. Ein wirtschaftlicher Abrutsch könnte verhindert werden, an dessen Ende er vielleicht gezwungen wäre, sein Eigentum zu verhökern und in eine Mietwohnung zu ziehen. Hoffen wir, dass er diese schreckliche Erfahrung nie machen muss.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -