Geheimdienstler brauche ich nicht

Zum jüngsten Verfassungsschutzbericht

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Verfassungsschutz braucht mir nicht zu erklären, dass sich in Brandenburg deutlich mehr Rechtsextremisten tummeln als Linksradikale. Ich fahre Zug, ich rede mit Menschen, ich besuche Demonstrationen und Parteitage. Ich hätte vielleicht nicht so verwirrend präzise Zahlen wie der Geheimdienst. Aber weiß ich, was die Beamten da zählen und aufschreiben? Sie legen mir ihre Quellen nicht offen. Ich befürchte, die bezahlten Spitzel sind nach wie vor dubios, so wie es sich für die Vergangenheit in einem Untersuchungsausschuss des Landtags herausstellte. Seit dem Skandal um das Terror-Netzwerk des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), in den auch der brandenburgische Verfassungsschutz verstrickt war, misstraue ich grundsätzlich sämtlichen Informationen, die aus dieser geheimdienstlichen Abteilung des Innenministeriums kommen.

Zeitung lesen und Internetseiten anschauen, das kann ich selbst. Dazu brauche ich den Verfassungsschutz nicht. Wenn er mir mal sagen soll, ob X oder Y als sogenannter Reichsbürger in Erscheinung getreten ist, bekomme ich unter Verweis auf den Datenschutz oder andere Rechtsnormen sowieso keine Auskunft.

Sachkundige Auskünfte über die rechte Szene kann ich beim brandenburgischen Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit erhalten, beim Verein Opferperspektive oder beim Potsdamer Moses-Mendelssohn-Zentrum. Ob die Geheimdienstler einen besseren Einblick in die Szene haben als die zivilgesellschaftlich Engagierten, die Opferberater und die Wissenschaftler, kann ich nicht beurteilen. Aber das, was die Verfassungsschützer preisgeben, ist deutlich weniger aussagekräftig. Ich kann leicht darauf verzichten. Wenn ich doch mal wieder eine Presseanfrage stelle, dann nicht, weil ich mir noch viel davon verspreche, sondern nur, um der journalistischen Sorgfaltspflicht Genüge zu tun.

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