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»Es ist ein simpler Prozess«
Die Schülerfirma Scoopaper recycelt Altpapier und verdient damit Geld. Vorstandsvorsitzender Benevito Laske erklärt, wie das funktioniert
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, eure Firma zu gründen?
Benevito Laske besucht die Carl-Zeiss-Oberschule in Berlin-Lichtenrade. Der 17-Jährige ist Vorstandsvorsitzender von Scoopaper. Die Schülerfirma stellt aus Altpapier, das in der Schule anfällt, neues Papier her. Schüler*innenfirmen geben jungen Menschen die Möglichkeit, mit eigenen Ideen auszuprobieren, wie Unternehmen funktionieren. Sie entwickeln Produkte und Dienstleistungen, müssen Buch führen – und können auch pleitegehen, wenn es schlecht läuft.
An unserer Oberschule wird das in der zwölften Klasse als Kurs angeboten. Wir sind elf Leute. Einige von uns haben sich auf Social Media umgeguckt und dort gesehen, wie man Papier schöpft. Das hat sie neugierig gemacht. Daraufhin haben ich und andere den Aspekt der Nachhaltigkeit reingebracht und vorgeschlagen, wir könnten das mit Altpapier machen, das bei uns im Sekretariat anfällt. So kamen wir auf die Idee, Scoopaper zu gründen. Der Name kommt vom englischen Wort »scoop«, das »schöpfen« bedeutet.
Wie funktioniert das mit dem Papierschöpfen?
Es ist ein simpler Prozess. Dazu muss man das geschredderte Altpapier in Wasser geben und es dort kurz einweichen. Danach zerkleinert man es mit einem Mixer, um es dann in eine große Wanne zu geben. Anschließend kann man es mit einem Schöpfrahmen schöpfen. Nun muss man es nur noch trocknen lassen und es danach bügeln und pressen, damit es schön dünn und glatt ist.
Welche Art von Produkten stellt ihr her?
Wir bedienen eine relativ breite Produktpalette. Wir haben Samenpapier, Notizbücher, Briefpapiere, Schlüsselanhänger – und auch immer saisonale Produkte. Wir machen zum Beispiel Weihnachts- oder Osterkarten.
Was ist denn Samenpapier?
Dabei werden während des Schöpfprozesses Samen auf das Papier gestreut. Kund*innen können es dann von einer Seite beschreiben. Danach müssen sie es nicht wegschmeißen, sondern können es in den Blumenkasten legen und Erde darüber streuen. Dann wachsen aus dem Papier Kresse oder Sonnenblumen.
Warum ist euch Nachhaltigkeit wichtig?
Wir leben in einer Welt, in der Nachhaltigkeit immer präsenter werden sollte. Wir dachten: Wenn wir eine Schülerfirma haben, muss die auch nachhaltig sein. Dementsprechend recyceln wir alles – bis auf die Samen und den Kleber und andere Dinge, die wir brauchen, um das Produkt zusammenzufügen.
War euch bewusst, wie viel Papier an Schulen verbraucht wird?
Uns war bewusst, dass viel Papiermüll anfällt. Aber dass es so große Mengen sind, war uns nicht bewusst. Es ist so viel, dass wir es nicht einmal schaffen, alles zu recyceln. Und wir nehmen schon echt viel Papier.
Versucht ihr auch bei euren Lehrer*innen Bewusstsein für Papierverschwendung zu erzeugen?
Die haben bereits ein bisschen mehr Sensibilität für den Papierverbrauch bekommen. Sie kopieren weniger und versuchen, sich auf das Nötigste zu beschränken. Durch Corona ist die Digitalisierung zwangsweise vorangetrieben worden. Das ist gut, weil dadurch viele Papierfresser weggefallen sind und einige Aufgaben digital gelöst werden.
Wie habt ihr euch geeinigt, wer welche Position in der Firma übernimmt?
Als die Idee, das Logo und der Name feststanden, haben wir überlegt, wer welche Interessengebiete hat. Die Finanzen waren sehr schnell besetzt und die Produktion auch. Mir persönlich liegt das Papierschöpfen nicht so, weil ich künstlerisch nicht der Begabteste bin. Mir macht es aber Spaß, Überblick über alles zu haben und die Möglichkeit zu bekommen, ein bisschen zu steuern. Dementsprechend habe ich mich für den Vorstand entschieden. Diejenigen, die gerne Social Media machen oder mit Photoshop arbeiten, sind zum Marketing gegangen.
Es gibt verschiedene Schülerfirmenprogramme. Ihr seid bei der IW Junior, einer gemeinnützigen GmbH des Instituts der deutschen Wirtschaft. Wie genau funktioniert das?
Lehrer*innen und Tutor*innen können sich melden und sagen: Wir möchten gerne eine Schülerfirma anbieten. Dann gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wir sind im Expert-Programm. Das heißt, unsere Schülerfirma ist für ein Schuljahr geplant. Im Herbst haben wir sie gegründet, nun nehmen wir an Wettbewerben teil, am Ende des Schuljahres wird sie abgemeldet. Die ganze Zeit stehen uns Wirtschaftspat*innen zur Seite. Unsere Finanzen wickeln wir über IW Junior ab und können immer Fragen stellen – zum Beispiel, wie wir unser Preisgeld verbuchen. Wir haben den Young Green Buddy Award vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg für nachhaltige Ideen im Bezirk bekommen. Außerdem haben wir beim Berliner Landeswettbewerb der IW Junior gewonnen und werden nächste Woche nach Köln zum Bundeswettbewerb fahren.
Was passiert mit euren Einnahmen?
Wir haben am Anfang des Jahres Anteilseigner*innen gesammelt. Leute konnten zehn Euro in unser Unternehmen investieren. Das war unser Startkapital. Am Ende des Schuljahres müssen wir unsere Anteilseigner*innen zur Hauptversammlung einladen. Dort wird dann eine Dividende ausgeschüttet. Wir machen etwa 150 Euro Umsatz im Monat, mit Saisonartikeln oder Großaufträgen waren es bestimmt auch mal 300 oder 400 Euro. Alles, was wir an Plus machen, wird durch die Zahl der Anteilseigner*innen geteilt, die dann die Möglichkeit haben, das anzunehmen. Ich glaube, momentan sind das 50 Euro pro Person. Aber sie können auch sagen: Ihr könnt das Geld behalten. Dann werden wir einen Teil davon spenden und den anderen Teil in die nächste Schülerfirma stecken oder uns auch einfach mal einen schönen Abend machen.
Ist eines der Ziele zu lernen, wie man möglichst viel Geld scheffeln kann?
Ich würde nicht sagen, dass es wichtig ist, wie man am meisten Geld scheffeln kann. Es wird einem wirtschaftliches Denken beigebracht und wie man Geld sinnvoll investiert. Man lernt auch, im Team zusammenzuarbeiten und sich abzustimmen. Wenn man mal eine andere Meinung hat als andere, muss man zurückstecken. Wir üben auch, mit Kund*innen umzugehen. Das praxisorientierte Arbeiten gefällt uns sehr gut.
Ihr engagiert euch auch sozial. Was macht ihr?
Wir haben auf der Straße Spenden für die Ukraine gesammelt und den Erlös unserer Produkte an diesem Tag gespendet. Da kamen 455 Euro für das Deutsche Rote Kreuz zusammen, die ein Zahlungsdienstleister dann verdoppelt hat. Mit dem Geld wurden Hilfsgüter für geflüchtete Menschen in der Ukraine gekauft. Vier aus unserer Gruppe machen außerdem ein supertolles Projekt mit einer Jugendarrestanstalt. Sie fahren einmal im Monat hin und nehmen unsere Papierprodukte mit. Die Jugendlichen können sie bekleben und gestalten. Es geht uns aber nicht darum, was dabei herauskommt, sondern um den Austausch. Die Jugendlichen dort haben eine schwere Zeit, und wir hoffen, diese vielleicht ein bisschen schöner zu machen. Vielleicht sagen sie auch: Das, was die machen, ist doch ganz cool.
Wie hat sich durch Scoopaper dein Blick auf Unternehmen verändert? Könntest du dir vorstellen, später selbst eine Firma zu gründen?
Dadurch, dass man Berührung mit dem Thema Wirtschaft bekommt, geht ein bisschen die Angst weg. Wenn man »Firma« oder »Unternehmen« hört, ist das immer etwas Großes, das nicht greifbar ist. Ich glaube, dass sich durch unsere Schülerfirma für mich überhaupt erst dieser Horizont geöffnet hat und ich deshalb sagen würde: Die Firma würde ich nach dem Abitur gerne weiterführen. Ich möchte aber kein komplett neues Start-up mit einer anderen Idee gründen. Ich glaube, das wäre mir persönlich zu viel Verantwortung und ein zu großes Risiko. Ich möchte lieber einen festen Job haben. Vielleicht studiere ich Sportwissenschaften oder gehe zur Polizei.
Was passiert mit Scoopaper, wenn das Schuljahr vorbei ist?
Wir wechseln in das sogenannte Basic-Modell, dann gibt es keine Wettbewerbe mehr und wir müssen nicht mehr so viel Gas geben wie dieses Jahr. Scoopaper wird dann nicht mehr als Unterrichtsfach, sondern als AG angeboten. Wir werden eine bis zwei Lehrpersonen dabeihaben und einige Leute von der jetzigen Schülerfirma.
Hast du schon andere Schülerfirmen gesehen, die du gut findest?
Ja, ich habe sehr viele nachhaltige Schülerfirmen kennengelernt, das hat mich positiv überrascht. Es gibt Leute, die selber Honig erzeugen oder Essen nachhaltig herstellen. Einige Firmen verleihen Boote oder Boards zum Stand-Up-Paddling. Ich wäre nie darauf gekommen, das als Schülerfirma zu machen.
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