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Rechter Soldat soll lange ins Gefängnis

Terrorverdächtigem Bundeswehroffizier drohen mehr als sechs Jahre Haft

  • Joachim F. Tornau, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 4 Min.

Schon mit ihrem allerersten Satz machte Karin Weingast klar, was sie von den ausschweifenden Unschuldsbeteuerungen, Ausflüchten und Erklärungen hält, die Franco A. in nunmehr dreizehn Prozessmonaten vor dem Frankfurter Oberlandesgericht ausgebreitet hat: gar nichts. »Wären wir nicht in einem Gerichtssaal, würde ich den Angeklagten einen Lügner und Betrüger nennen«, sagte die Vertreterin der Bundesanwaltschaft, als sie am Montagnachmittag zu ihrem Plädoyer ansetzte. Und gleich darauf nahm sie dem vom Dienst suspendierten Bundeswehroffizier auch die letzte Hoffnung, die Anklagebehörde irgendwie zu einem Abrücken von den schwerwiegenden Vorwürfen bewegt haben zu können: »Er ist ein rechtsradikaler Terrorist.«

Drei Stunden und ein fast atemlos heruntergerattertes Plädoyer später erfuhr Franco A., was daraus für ihn folgen soll: Eine Gefängnisstrafe von sechs Jahren und drei Monaten forderte die Staatsanwältin für den 33-Jährigen, wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz, wegen Diebstahls (oder wahlweise wegen Unterschlagung), wegen Betrugs. Die lange Dauer des Verfahrens – seit der erstmaligen Festnahme des Angeklagten sind mehr als fünf Jahre vergangen – sei da bereits strafmildernd eingepreist, betonte Weingast.

Nach 35 Verhandlungstagen zeigte sich die Vertreterin der Bundesanwaltschaft überzeugt, dass sich alles, was in der Anklage stand, im Prozess bestätigt habe: dass der Oberleutnant aus Offenbach Mordanschläge auf prominente Persönlichkeiten geplant haben soll, die ihm wegen ihrer freundlichen Haltung gegenüber Geflüchteten verhasst gewesen seien. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth zum Beispiel, der frühere SPD-Minister Heiko Maas, die Gründerin der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane. Dass er sich dafür illegal vier Schusswaffen beschaffte, darunter ein Sturmgewehr. Dass er massenhaft Munition aus Bundeswehrbeständen entwendete. Und dass er mehr als ein Jahr lang mit hohem Aufwand ein Doppelleben als falscher Syrer David Benjamin aufrechterhielt und damit auch rund 5000 Euro Sozialleistungen zu Unrecht bezog.

Nur in einem Punkt wich Weingast leicht von der Anklage ab: Zwar spreche einiges für die ursprüngliche Annahme der Bundesanwaltschaft, dass Franco A. seine Anschläge unter falscher Flagge habe begehen wollen und sich nur deshalb als Bürgerkriegsflüchtling ausgegeben habe. Aber darauf komme es letztlich nicht an. Entscheidend sei, dass Franco A. den »festen Tatentschluss« zum politischen Morden gefasst habe. Und daran könne kein Zweifel bestehen.

Von »akribischen Vorbereitungshandlungen« sprach die Staatsanwältin und meinte damit nicht nur die illegale Bewaffnung oder die Fotos, die der Angeklagte in der Tiefgarage der Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin gemacht hatte. Sie wertete auch die kryptischen Notizen und To-do-Listen, die Franco A. angelegt hatte, als Beweis. Neben Alltagsaufgaben hatte er sich da etwa vorgenommen, Claudia Roth zu »lokalisieren«, da sie und ihresgleichen das deutsche Volk »aussaugen« würden. Oder er dachte über eine Befreiung der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel aus dem Gefängnis nach.

Nichts davon belegt ganz konkrete Anschlagspläne. Doch was die Anklagebehörde so sicher macht, ist das Gesamtbild aus Geschreibsel und Geschwurbel, aus Gesinnung und Gewaltfantasien. Nur in Auszügen referierte Weingast, wie das zutiefst rechtsextreme Weltbild des Angeklagten im Prozess immer deutlicher zutage getreten war. Durch seine völkisch-antisemitische Masterarbeit. Durch Sprachmemos, in denen er sich offen zu politischer Gewalt bekannte und erklärte, dass Adolf Hitler »über allem« stehe. Durch rassistische Äußerungen, die er gegenüber einem Bundeswehrkameraden gemacht hatte. Und nicht zuletzt auch durch sein Auftreten vor Gericht.

»Der Angeklagte hat es im Laufe der Verhandlung immer wieder geschafft, Beweise gegen sich selbst zu erbringen«, sagte die Staatsanwältin. Er habe an widerlegten Lügen festgehalten, wie an der Geschichte von der zufällig in Wien beim Pinkeln gefundenen Pistole. Er habe seine antisemitischen Ausfälle als wissenschaftlich zu verteidigen versucht. Und trotz all seiner Redseligkeit habe er wesentliche Fragen, nach Herkunft und Verbleib der Waffen etwa, bis zuletzt nicht beantworten wollen. Ein »Teilschweigen«, das beweise: Franco A. habe etwas zu verbergen.

Bevor er diese Gardinenpredigt über sich ergehen lassen musste, hatte der Angeklagte am Vormittag noch einmal in aller Ausführlichkeit dargelegt, wie er gesehen werden will: als friedliebend, allein auf den Schutz seiner Familie bedacht und frei von jeglicher Sympathie für den Nationalsozialismus. Ob er beim Gericht damit auf offenere Ohren trifft als bei der Bundesanwaltschaft, wird sich am kommenden Dienstag zeigen. Dann will der Staatsschutzsenat sein Urteil verkünden.

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