Wundenlecken bei der NRW-FDP

Landesverband der Liberalen versucht auf Parteitag Wahlniederlage aufzuarbeiten

Prominenteste Teilnehmerin des NRW-Landesparteitags: die FDP-Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die keine Ambitionen auf den Bundesvorsitz hat.
Prominenteste Teilnehmerin des NRW-Landesparteitags: die FDP-Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die keine Ambitionen auf den Bundesvorsitz hat.

Fünf Wochen nach der krachenden Niederlage bei der Bundestagswahl hat am Wochenende die nordrhein-westfälische FDP versucht, die Schlappe aufzuarbeiten. Kritik an Führungspersonal, Wahlkampf und inhaltlicher Ausrichtung der Partei wurden am Samstag auf dem Landesparteitag in Duisburg laut. Dennoch: Viel klingt eher nach Phrasendrescherei denn nach tiefgreifender Analyse.

Nicht beim Delegiertentreffen des größten und wichtigsten Landesverbands der FDP dabei: Ex-Parteichef Christian Lindner und der ehemalige Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Christian Dürr. Letzterer war beim zeitgleich stattfindenden Landesparteitag in Niedersachsen.

Bekannt für ihre bissige und flapsige Art, brachte die Düsseldorferin und Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann die Gefühlslage der Liberalen auf den Punkt. Von »bitterer Zäsur« und »ganz großer Scheiße« sprach sie.

Frank Uwe Schäffler aus dem NRW-Landespräsidium monierte, seine Partei habe es sich an vielen Stellen zu einfach gemacht: »Wir haben es versäumt, viele unserer Stammwähler zu aktivieren, haben entscheidende Milieus außer Acht gelassen.« Die nun anstehende außerparlamentarische Opposition verglich er mit einem Marathonlauf, der Mut in der politischen Auseinandersetzung erfordere. Sehr mutig war schon mal das von Schäffler ausgegebene Ziel, in vier Jahren mit einem zweistelligen Ergebnis in den Bundestag zurückzukehren.

FDP-Urgestein Reinhard Houben vom Kreisverband in Köln vermisste beim Delegiertentreffen den »emotionalen Zusammenhalt«. »Ich habe gelitten nach dem Aus. Diese Stimmung kommt mir hier zu selten rüber.« Der 64-Jährige, der von 2017 bis 2025 Mitglied des Bundestages war, schwor die Partei auf harte Jahre ein. Auch mit Blick auf die anstehenden Kommunalwahl in NRW im September prognostizierte er, dass sie kein »Zuckerschlecken« werden.

Zugleich warnte er vor einem weiteren Erstarken der AfD, wenn die kommende Bundesregierung nicht liefere. »Sonst haben wir in vier Jahren die AfD an der Macht.« Das gelte es, zu verhindern. »Wir müssen hier unserer staatspolitischen Pflicht nachkommen«, sagte Houben. Dies aus dem Mund eines Freidemokraten, dessen Partei auf Landesebene gern mal gemeinsame Sache mit der AfD macht.

Mit Spannung erwarte wurde die Rede von Henning Höne, Partei- und Fraktionschef der Liberalen in NRW. Für ihn liegen die Gründe für die Wahlniederlage bereits vor dem Ampel-Aus. »Wir haben es zu selten geschafft, unsere eigenen Akzente erfolgreich zu setzen.« Das hört man öfter. Auch, dass zu wenig Frauen führende Position innerhalb der Partei bekleiden, der Wahlkampf zu wenig Frauen angesprochen habe und die Partei zu schwach in den sozialen Medien rüber kam.

Ausgerechnet von den Linken könne die Partei lernen, was Präsenz und Durchschlagskraft in den sozialen Medien anbelangt, meinte etwa Laura-Maria Bannert vom FDP-Kreisverband Duisburg. »Der Zuwachs der Linken ist bemerkenswert. Sie haben es verstanden, Social Media bewusst für ihre Zwecke einzusetzen«, sagte sie. Ob den Liberalen eine Heidi Reichinnek – jung, weiblich und extrem Social Media-affin – fehle? »Ja«, sagt Bannert.

Als selbsternannte Partei der Eigenverantwortung muss die FDP laut Landeschef Höne nun »zunächst einmal an sich selbst arbeiten«. Dafür müssten alte Gesichter weichen.

Marco Buschmann, scheidender Generalsekretär und Ex-Bundesjustizminister, kündigte denn auch an, »Platz zu machen«. Höne selbst sieht sich als ein neues Gesicht. »Ich möchte Verantwortung übernehmen und beim Bundesparteitag für das neue Präsidium kandidieren – dafür bitte ich herzlich um eure Unterstützung«, sagte der 38-Jährige.

Von Marie-Agnes Strack-Zimmermann kamen derweil auch aufmunternde Worte. Der »organisierte Liberalismus« habe »in Deutschland eine Zukunft«, sagte sie und fügte hinzu: »Die FDP wird die treibende Kraft sein, wenn sie trotz ihrer bitteren Niederlage einen mutigen Neustart wagt!«

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