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- NRW-Koalitionsvertrag
Grüne und CDU bauen Brücken
Koalition will NRW zum klimaneutralen Industrieland machen
Das erste Bündnis zwischen CDU und Grünen in Nordrhein-Westfalen steht in den Startlöchern. Am Donnerstagmittag stellten CDU-Chef Hendrik Wüst und die die Grünen-Vorsitzende Mona Neubaur den Koalitionsvertrag vor, der das Land in den kommenden fünf Jahren prägen soll. Die oberste Prämisse der schwarz-grünen Koalition ist es, NRW zum klimaneutralen Industrieland zu machen. Das betonten Wüst und Neubaur gleichermaßen und verwendeten dafür viel Politikprosa. Hendrik Wüst sprach von »Gegensätzen«, die man »verbinden« und »Brücken«, die man bauen wolle. Die »Bewahrung der Schöpfung« und der Schutz des Klimas hätten höchste Priorität. Mona Neubaur betonte das »vertrauliche arbeiten« beider Parteien, bei dem schon »Vertrauen entstanden« sei. Inhaltlich bietet der 148 Seiten dicke Koalitionsvertrag wenig Überraschendes. Wirtschaftskompatibler Klimaschutz steht ganz oben. Heiße Eisen wie das von Abbaggerung bedrohte Dorf Lützerath wurden umschifft, hier will man mit RWE über eine »flächensparsame« Führung des Tagebaus Garzweiler sprechen. Eine gute Nachricht steht für die verschuldeten Kommunen im Koalitionsvertrag. Schwarz-Grün will sich beim Bund für eine Altschuldenlösung einsetzen und, wenn das nicht gelingt, selbst handeln.
Als ersten Schritt auf dem Weg zur Regierungsbildung braucht es nun die Zustimmung der beiden Parteien. Die CDU trifft sich am kommenden Samstag in einem Bonner Hotel. Eine breite Zustimmung für den Koalitionsvertrag gilt hier als sicher. Auch bei den Grünen kann davon ausgegangen werden, dass die Delegierten des Parteitags am Samstag und Sonntag in Bielefeld dem Koalitionsvertrag zustimmen werden. Allerdings sind mehrere Stunden für die Aussprache zur Regierungsvereinbarung vorgesehen. Schon als es um die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen ging, äußerten einzelne Parteimitglieder ihren Unmut über das zuvor veröffentlichte Sondierungspapier. Die Grüne Jugend legte kürzlich nach, verlangte klare Positionen etwa zu einer Mietpreisbremse oder einem Versammlungsfreiheitsgesetz. Im Koalitionsvertrag dürften sie ihre Forderungen nicht berücksichtigt sehen. Mit ein paar kritischen Stimmen ist also in Bielefeld zu rechnen.
Wenn die beiden Parteien dem Vertrag zugestimmt haben, soll es schnell weitergehen. Am Montag sollen die Parteispitzen das Papier unterschreiben und schon am Dienstag will sich Hendrik Wüst zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Im Landtag verfügen CDU und Grüne über eine deutliche Mehrheit. Wüst sollte also nur einen Wahlgang benötigen.
Spannender wird, wie er sein Kabinett zusammenstellt. Bisher ist wenig darüber nach außen gedrungen. Als sicher gilt, dass Grünen-Chefin Neubaur ein Superministerium mit dem Wirtschaftsressort im Zentrum erhält. Viele Spekulationen gibt es um das Schulministerium. Grüne und FDP, die es in den letzten beiden Wahlperioden innehatten, stürzten danach ab. Ideen über eine parteiunabhängige Fachperson machten die Runde. Aber auch der als erzkatholisch geltende CDU-Politiker Nathanael Liminski wird für das Amt gehandelt. Eine Personalie, die die Grünen ihrer Wählerschaft wohl nur schwer verkaufen könnten.
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