Verkaufte Menschenrechte

Uwe Sattler ist entsetzt, dass demokratische Staaten für die Nato-Eintrittskarte die Jagd auf Kurden freigeben

Dass der Nato-Gipfel in Madrid historisch wird, wie es allenthalben heißt, ist nicht zu bezweifeln. Weil mit Finnland und Schweden zwei bislang blockfreie Staaten dem Militärbündnis beitreten, die mit diesem Status jahrzehntelang gut gefahren sind – und insbesondere in der Zeit des Kalten Kriegs ausgleichend wirken konnten. Und weil diese Staaten dem türkischen Autokraten Erdoğan quasi das Jagdrecht auf kurdische Aktivist*innen auf ihrem Boden einräumen. Denn nichts anderes bedeutet das Einknicken vor Ankaras Junktim »Zustimmung zur Nato-Aufnahme gegen Verfolgung von Terroristen«.

Dieser tatsächlich historische Vorgang zeigt zweierlei: Zum einen, dass der türkische Präsident keinerlei Skrupel kennt, selbst den blutigen Krieg Putins gegen die Ukraine und die daraus resultierende Angst zu nutzen, um insbesondere kurdische Milizen – zur Erinnerung: es waren jene, die wesentlich zum Sturz der IS-Terrorherrschaft beitrugen – weltweit zu verfolgen. Mit solcherart Geschäften hat Erdoğan Erfahrung; auch bei der Flüchtlingsvereinbarung nutzte und nutzt er das Leid der Menschen als Faustpfand in den Verhandlungen. Zum anderen, dass der Nato rechtsstaatliche Prinzipien egal sind, wenn es um »übergeordnete« Interessen geht. Mehr noch: Die politischen Größen des Bündnisses rühmten sich, bei dem Handel kräftig mitgemischt zu haben.

Wenn Finnland und Schweden vor dem Hintergrund des russischen Kurses in die Nato wollen, ist das ihre freie Entscheidung. Wenn sie dafür jedoch den liberalen Staat und Grundrechte zurückbauen, ist es – erfolgreiche – Erpressung.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.