- Politik
- Streit bei den Grünen
Liebesentzug für Habeck
Rainer Borcherding, der Grünen-Kreisvorsitzende von Schleswig-Flensburg, ist zurückgetreten
Ein provinzieller Rücktritt sorgt überregional für Aufsehen. Aus Enttäuschung über das am Donnerstag im Bundestag beschlossene Erneuerbare-Energien-Gesetz und speziell über den Kurs von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist der Grünen-Kreisvorsitzende von Schleswig-Flensburg, Rainer Borcherding, überraschend zurückgetreten. Für Habeck ist der Rücktritt unangenehm. Denn es handelt sich um seinen eigenen Kreisverband.
Am Donnerstagabend veröffentlichte Borcherding ein Schreiben. Darin kritisierte er das Gesetzespaket und das damit verknüpfte Ausbau-Beschleunigungs-Ziel. Die Belange des Naturschutzes würden nicht mehr genügend Berücksichtigung finden und der Schutz der Artenvielfalt komme viel zu kurz. Borcherding, der sich seit langem insbesondere für den Wattenmeer-Schutz engagiert und als Experte von Fernsehsendern geschätzt wird, schrieb von gravierenden Einschnitten für gefährdete Vogelarten. Dabei nannte er konkret Schwarzstorch und Vogeltrappe, die eigentlich europarechtlich geschützt seien. Das Bestreben zur Beschleunigung der Energiewende sei nachvollziehbar, so Borcherding. Habeck habe dabei jedoch »völlig unnötig den Naturschutz zum Gegner gemacht«. Er wolle ihn daher nicht mehr unterstützen.
Habeck, der bei der Bundestagswahl den nördlichsten Wahlkreis direkt gewonnen hatte, bedauerte Borcherdings Entscheidung. Er lobte seinen Parteikollegen als einen »entschlossenen Kämpfer für den Artenschutz«. Als solcher fühlt er sich angesichts der Entscheidungen der Grünen in der Bundesregierung mit SPD und FDP in seiner Partei offensichtlich nicht mehr so wohl wie früher.
Vertreter des Kreisverbands bemühten sich, die Wogen zu glätten und betonten, dass Habeck weiter das Vertrauen der Basis genieße. Am 19. August soll auf der Kreismitgliederversammlung eine Entscheidung für die Borcherding-Nachfolge fallen. Man kann davon ausgehen, dass auch der Bundeswirtschaftsminister mit der neuen Personalie außerordentlich zufrieden sein wird.
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