- Kultur
- Typisch Sommer!
Der Rasenmähermann
Eine Lärmbelästigung der besonderen Art
Stellen Sie sich bitte eine Reihenhaussiedlung vor. Mit, sagen wir, 100 Häuschen. Okay? Das bedeutet dann aber auch, dass Sie stillschweigend folgende Umstände mitdenken müssen: 99 Kredite, 50 Hunde, 36 Ehescheidungen, fünf herrenlose Fahrräder und ja – 120 Rasenmäher! Nein, ich habe mich nicht verzählt. Es sind immer 20 Rasenmäher mehr da, als benötigt werden. Wäre ja nicht auszudenken, wenn auch nur an einem einzigen Tag zwischen Juni und September kein Motorengeräusch im Labyrinth der Hecken zu hören ist. Kakophonie! Wie ein Schwarm Harley-Davidson, der bei einer Beerdigung munter um die Urne kreist.
Rasenmäher fallen mit ihrem diffusen Geräusch meines Erachtens unter das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG). Ich rede von einer Mischung aus Mückensurren, Basketballprellen und Kinderquengeln an der Supermarktkasse. Ich rede also von offenem Terrorismus! Anders: Was muss man tun, um einen Rasenmäher anzuschalten? Kabel, Steckdose, Schalter – alles falsch. Ich lege mich einfach im Garten auf meine Hollywoodschaukel! Oder auf die richtig große der Nachbarn, wenn sie im Urlaub sind. Vorhang auf: Früher oder später, garantiert eher früher, geht irgendwo dieser miese, tückische Motor an und fräst sich genüsslich durch meine Gehirnwindungen!
Ah, da fällt mir eben dieser Film aus den frühen 90er Jahren ein. Mit Pierce Brosnan und Jeff Fahey: »Der Rasenmähermann«. Jeff spielt einen geistig zurückgebliebenen Gärtnergehilfen … eben den titelgebenden Rasenmähermann. Wenn wir mal ehrlich sind: Rasenmähermänner sind immer geistig, äh … So wie Politiker halt: Wenn du kein klinischer Narzisst bist, stell dich erst gar nicht zur Wahl. Oder Lehrer: Wenn du Kinder magst, mach ’ne Umschulung! Jedenfalls hat dieser Kino-Rasenmähermann einen netten Nachbarn (ist eben Hollywood), und der forscht mit Affen …
Ich kürze mal ab: Unser Rasenmann bekommt ein paar Pillen und ist von da an richtig fit im Kopf. Alles klar? Der Film geht dann noch eine Stunde weiter, was wir hier nicht weiter ausführen müssen, weil sich bereits eine einfache Lösung für unser Mähproblem aufgetan hat: Wir verteilen Pillen in den Reihenhaussiedlungen oder besser, wir impfen gleich!
Wer dagegen ist, muss die Konsequenzen tragen: Der Rasen wird entfernt, und die Fläche wird sauber ausbetoniert und nach dem Aushärten, voilà – grün angestrichen. Und nun stellen Sie sich bitte noch mal meine Reihenhaussiedlung vor. Nun ist Ruhe. Endlich Sommer!
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!