Eine schrecklich einflussreiche Familie

Über Jahrzehnte hat der Rajapaksa-Clan Sri Lankas Politik wesentlich mitbestimmt und kontrolliert – auch zum eigenen finanziellen Nutzen

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Der inzwischen in Singapur ausharrende Ex-Präsident Gotabaya Rajapaksa wurde am 9. Juli zur Ankündigung seines Rücktritts gezwungen. Bereits im Mai hatte sein älterer Bruder Mahinda Rajapaksa als Premier seinen Hut nehmen müssen. Er ist noch als besonders lange amtierender Präsident über zwei Amtszeiten 2005 bis 2015 in Erinnerung. Beide gehören zu den insgesamt neun Kindern von Don Alwin Rajapaksa (1905-1967), der 1951 zu den Mitbegründern der sozialliberalen Sri Lanka Freiheitspartei (SLFP) zählte und in den 1960er-Jahren mehrere Regierungsämter bekleidete.

Obwohl nur der Zweitgeborene der Söhne, galt und gilt der Jurist Mahinda (76) als Kopf des Clans. Der inzwischen 80-jährige Chamal Rajapaksa, der sein Berufsleben als Polizist begann, stand immer in seinem Schatten, war unter seiner Präsidentschaft aber als Parlamentschef (2010-2015) sehr von Nutzen. Auch Gotabaya Rajapaksa (73) holte den Ältesten der Brüderriege noch einmal ins Kabinett: Von August 2020 bis zum kollektiven Regierungsrücktritt am 3. April war Chamal als Minister für Bewässerung. Ein ruhigerer Posten, während Bruder Nummer vier, Basil Rajapaksa (71), ab Juli 2021 als Finanzminister in eine weitere Schlüsselstellung gehievt wurde. Schon in Mahindas zweiter Amtszeit als Präsident Minister für wirtschaftliche Entwicklung wurde ihm als Hüter der Staatsfinanzen von der Bevölkerung eine wesentliche Mitschuld an der schlimmsten Wirtschaftskrise des Landes seit der Unabhängigkeit 1948 angelastet, die seit Monaten immer weiter eskaliert. Nach seinem Rücktritt im April wurde am 12. Juli verhindert, dass er sich nach Dubai absetzt. Basil, der als brillantester Kopf der Geschwisterriege Rajapaksa gilt, wurde schon nach dem Machtwechsel 2015 unter Vorwürfen von Machtmissbrauch und Korruption kurzzeitig festgesetzt.

Auch die nächste Generation war unlängst noch in das System des Machterhalts eingebunden, so Chamal Rajapaksas ältester Sohn Shasheendra als Staatsminister im Agrarresort und Mahinda Rajapaksas Ältester, Namal, als Minister für Jugend und Sport. Dessen jüngerer Bruder Yoshita, Ex-Marineoffizier und ehemaliger Rugby-Star, diente dem Vater wiederum als Bürochef, was einen Zugriff auf 80 Prozent des Staatshaushalts bedeutete. Wie viel dabei auf dunklen Kanälen abgezweigt wurde, können erst genaue Untersuchungen zeigen – so es diese geben sollte. Eine besonders illustre Persönlichkeit, der »dezente« Finanzströme sehr vertraut sind, ist Nirupama Rajapaksa, Großnichte der beiden Ex-Präsidenten. Das Rechercheteam des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) widmete im Rahmen der »Pandora Papers« ihr und ihrem Mann Thirukumar Nadesan ein ganzes Kapitel. Es geht um ein seit 1990 aufgebautes Firmengeflecht mit Sitz in Steueroasen, über das Kunsthandel, Immobilienkäufe und andere Transaktionen abgewickelt wurden und werden.

Darüber hinaus gibt es gegen die Rajapaksa-Brüder Mahinda und Gotabaya – seinerzeit Präsident und Verteidigungsminister – Vorwürfe bezüglich Kriegsverbrechen und schweren Menschenrechtsverletzungen im Zuge der Militäroffensive gegen die tamilisch-separatistische LTTE, die im Mai 2009 mit deren Niederlage endete. Vor allem beim Wiederaufbau der Infrastruktur im vom jahrelangen Bürgerkrieg versehrten Nordosten der Insel floss danach reichlich Geld aus chinesischen Quellen. Zum »Ausverkauf an Peking«, gehören zudem der für 99 Jahre abgetretene Überseehafen im südlichen Hambantota sowie das umstrittene Port-City-Großprojekt in Colombo. Die Hinwendung zu China erschien wegen der außenpolitischen Isolation aufgrund der Weigerung, die Vorwürfe zu Kriegsverbrechen von den UN untersuchen zu lassen, damals als einziger Ausweg.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.