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Eine Nato für Asien
Die USA rekrutieren Verbündete gegen China, Deutschland schickt Eurofighter
Pausenlos wurde die »Rodney M. Davis« angegriffen. Die Einschläge von Bomben und Raketen zerfetzten den Stahlkörper der US-amerikanischen Fregatte. Nun liegt das Schiff in gut 4570 Metern Tiefe auf dem Grund des Pazifiks. Auf diesem Ozean hatte es fast 30 Jahre Dienst getan, bevor es 1987 in Rente geschickt wurde. Überlegungen, die »Rodney M. Davis« der ukrainischen Marine zu übergeben, zerschlugen sich. Mitte Juli wurde sie nun während der Übung Rimpac 22 von US-Jagdbombern und von Harpoon-Anti-Schiffs-Raketen einer kanadischen sowie einer malaysischen Fregatte versenkt.
Rimpac steht für Rim of the Pacific (Randzone des Pazifiks). Unter diesem Namen werden alle zwei Jahre weiträumige Manöver unter Führung der US-Marine abgehalten. In diesem Jahr beteiligen sich 25 weitere Länder: Australien, Brunei, Kanada, Chile, Kolumbien, Dänemark, Ecuador, Frankreich, Deutschland, Indien, Indonesien, Israel, Japan, Südkorea, Malaysia, Mexiko, die Niederlande, Neuseeland, Peru, die Philippinen, Singapur, Sri Lanka, Thailand, Tonga, Großbritannien. Zwar sei Rimpac »nicht gegen einen bestimmten nationalstaatlichen Akteur gerichtet«, sagt US-Admiral Sam Paparo, doch gelte es, gemäß dem UN-Seerechtsübereinkommen in vernetzter Weise die Freiheit der Meere zu schützen und expansionistische Aktivitäten zurückzuweisen.
Solche Aussagen zielen zuallererst auf die Volksrepublik China. Um den globalen Konkurrenten einzuhegen, brauchen die USA jede nur denkbare Hilfe. Zudem will man verhindern, dass Peking selbst – wie längst geschehen – neben Russland weitere Verbündete um sich schart.
Chinas maritime Expansionsgelüste, vor allem im pazifischen Raum, wachsen kontinuierlich. Ende März, im Schatten des Ukraine-Krieges, schloss Peking mit den Salomonen ein Abkommen. Nördlich der Inselkette verläuft eine der wichtigsten Container- und Energierouten der Welt. Hier entsteht nun ein Brückenkopf für die Versorgung chinesischer Seestreitkräfte. Die Regenten der Salomonen können zur Aufrechterhaltung der »öffentlichen Ordnung« jetzt jederzeit chinesische Sicherheitskräfte anfordern.
Besonders Australien fürchtet, dass China auf den Salomonen einen ständigen Militärstützpunkt errichten könnte. Auch deshalb schloss Canberra mit den USA und Großbritannien ein Abkommen zum Bau von atomar betriebenen U-Booten. Vor diesen Hintergründen muss man auch den für August geplanten Besuch von US-Vize-Außenministerin Wendy Sherman und der neuen US-Botschafterin in Australien, Caroline Kennedy, auf den Salomonen sehen.
Die US-Minister Lloyd Austin (Verteidigung) und Antony Blinken (Äußeres) haben in den letzten Monaten bemerkenswert viele Besuche im asiatisch-pazifischen Raum absolviert. Auch US-General Mark Milley packte Koffer. Erstes Ziel: Indonesien. Milleys Reise dorthin ist die erste eines Vorsitzenden der US-Stabschefs seit 14 Jahren. Er verwies auf einen signifikanten Anstieg »aggressiver chinesischer Interaktionen mit den USA, Japan, Kanada, Australien, den Philippinen und Vietnam«. Anschließend flog der General weiter nach Australien zu einem Treffen der indopazifischen Verteidigungschefs.
Peking beobachtet solche westlichen Bemühungen zur Schaffung einer asiatisch-pazifischen Front höchst kritisch. Man beschuldigt die USA, eine »asiatische Nato« schaffen zu wollen. Das weist Austin zurück: »Wir streben keinen neuen Kalten Krieg, keine asiatische Nato oder eine Region an, die in feindliche Blöcke gespalten ist.«
Angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine befürchten westliche Staaten, dass Chinas Führung – die das selbstverwaltete Taiwan als Teil ihrer Volksrepublik betrachtet – ebenfalls aktiv wird, notfalls mit Gewalt. Chinas Präsident Xi Jinping dagegen forderte mehrfach eine politische Lösung der »Taiwan-Frage«. Dass er dabei das für die Heimkehr Hongkongs erdachte Modell »Ein Land – zwei Systeme« für Taiwan zur Sprache brachte, wirkt wenig beruhigend.
Der US-Geheimdienst CIA behauptet, China sei zur Annexion Taiwans bis 2027 entschlossen. Die Analysten beziehen sich unter anderem auf jüngste Äußerungen von General Li Zuocheng, der in China ein ähnliches Amt wie US-General Milley bekleidet. Li verlangte Anfang des Monats öffentlich, dass »die militärischen Absprachen« zwischen den USA und Taiwan beendet werden müssten. Wie reagiert Washington? Es schickte zweimal US-Lenkwaffenzerstörer durch umstrittene Meeresgebiete. Was aus Pekings Sicht die geplanten fünftägigen Manöver der chinesischen Marine umso wichtiger erscheinen ließ.
Welche Position nimmt Deutschland ein? Mehrfach plädierte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock für »mehr Härte« im Umgang mit China. Dessen robustes Auftreten sei »eine globale Herausforderung«, sagte die außenpolitische Newcomerin jüngst nach einem Treffen mit ihrem japanischen Amtskollegen Yoshimasa Hayashi in Tokio. Mit Blick auf Pekings Territorialansprüche im Südchinesischen Meer ergänzte die Grünen-Politikerin: »Immer wieder wird demonstriert, dass, wenn es um eigene Interessen geht, Regeln nicht unbedingt zu gelten haben.« Danach besuchte sie Einheiten der 7. US-Flotte.
Doch dabei belässt es Berlin nicht und schickt – obwohl in Europa ein Krieg mit unwägbaren Weiterungen tobt – sechs Eurofighter, vier A400M-Transportern und drei A330 MRTT-Maschinen nach Singapur. Dann geht es ins australische Darwin, um im Indo-Pazifik die »Interoperabilität mit Bündnispartnern innerhalb und außerhalb der Nato« zu testen, heißt es bei der Bundeswehr. Es folgen Kurzbesuche in Japan und Südkorea. Erst am Mittwoch hatte ein hochrangiger Pentagon-Beamter vor dem beispiellosen Anstieg des »direkt aggressiven« Verhaltens Chinas am Himmel über dem Chinesischen Meer gewarnt.
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