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Die leere Stadt
Zu Hause bleiben ist schön, wenn alle anderen weg sind
So richtig leer wie etwa in spanischen Großstädten, wo ab Anfang Juli, abgesehen vom touristischen Zinnober, die Gehwege hochgeklappt werden und jeder zweite Laden dichtmacht, wird es in Berlin ja auch im Sommer nie. Dazu kommen dann doch zu viele Touristen in die Stadt, denen der originäre Berliner Lebensstil angeblich so am Herzen liegt, deren Radius sich aber trotzdem meist auf den Innenstadtring beschränkt. Bei mir vor der Haustür im nicht ganz so hippen Neukölln gibt es im Sommer aber plötzlich jede Menge Parkplätze. Wenn ich ein Auto besäße, wäre das wahrscheinlich ein ganz toller Moment. Aber auch so finde ich es gut. Denn jetzt stehen zumindest ein paar Blechschüsseln weniger rum. Wer nicht per Fernreise unterwegs ist, ist mit seinem Auto vermutlich an einen der Seen in der Umgebung gefahren. Deshalb ist es auch so schön leer im Supermarkt, und in der U-Bahn gibt es sogar Sitzplätze.
Egal, ob abends ins Kino, morgens ins Fitnessstudio oder zwischendrin mal auf einen Kaffee in die Kiezkneipe: solange ich nicht in einem absoluten Hipster-Viertel unterwegs bin, wo derzeit amerikanisches Englisch und Spanisch in allen Variationen die meistgehörten Minderheitensprachen sind, bietet diese nach dem finsteren Winter von der Sonne aufgewärmte Stadt gerade so viel Platz wie nie. Sogar im Schwimmbad ist es ganz einfach, einen Liegeplatz auf der Wiese zu finden und seine Decken auszubreiten, die Kinder können alles Zeug einfach wild in der Gegend rumwerfen. Vielleicht liegt diese Ruhe in diesem einen Schwimmbad aber auch an der sensationslüsternen Journaille, die das von mir, meiner Freundin und unseren Kindern bevorzugt besuchte Neuköllner Freibad mittlerweile zur gefährlichen Zone erklärt hat, vor deren Eingang statt eines Eiswagens eine eigens eingerichtete mobile Polizeiwache steht. Später auf dem Heimweg müssen wir nicht mal im Imbiss anstehen, um uns noch ein Abendessen zu holen, das wir spontan auf einer Parkbank neben einem fast leeren Spielplatz genüsslich verdrücken.
Hinterher gehen die Kids noch eine Runde auf den Spielplatz, um ohne Anstehen die Seilbahn (soweit sie nicht vom TÜV gesperrt wurde) rauf- und runterzufahren. Einsam plätschern die Hähne des Wasserspielplatzes vor sich hin, die Tischtennisplatte ist bis auf zwei bekiffte Hippies, die überraschend flotte Topspins ziehen, verwaist, und auf dem Basketballfeld fahren zweijährige Kleine fröhlich grölend ungestört auf ihren Dreirädern herum. Später stellen wir unsere Fahrräder und den Anhänger mit viel Platz auf dem Hof ab und gießen noch die Pflanzen. Sogar die stets schimpfende Nachbarin aus dem Erdgeschoss ist nirgends zu sehen. Sommer in der Stadt ist wirklich großartig. Da ist es dann fast schon schade, schließlich doch noch wegzufahren. Denn spätestens am Bahnhof oder am Flughafen herrscht dann wieder der das ganze Jahr übliche Massenbetrieb.
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