Blockierte Lösung

Während Serbien auf seine territoriale Integrität pocht, macht Pristina mit Maximalforderungen eine Beilegung des Konflikts unmöglich

  • Roland Zschächner
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Gespräche zwischen Serbien und dem Kosovo sind ins Stocken geraten. Zudem wird ein 2020 unter dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump unterzeichnetes Abkommen nicht in die Tat umgesetzt. Schuld ist die Innenpolitik der beiden Länder.

Serbiens Position ist klar: Man redet zwar mit Pristina, eine Anerkennung des Kosovo als selbstständigen Staat lehnt man aber ab. Doch innenpolitisch steht Präsident Aleksandar Vucic unter Druck. Die rechten Oppositionsparteien haben mit der Kosovo-Frage einen politischen Hebel, um Vucic, der sich gern als Patriot inszeniert, und dessen regierender Serbischen Fortschrittspartei (SNS) vorzuwerfen, die Landsleute im Kosovo zu vernachlässigen. Hinzu kommt das mythische Amselfeld, das im heutigen Kosovo liegt.

Zugleich verfolgt der SNS-Chef weiterhin auch eine Politik der Westbindung. Neben guten Beziehungen zu Russland und China will Vucic sein Land in die EU führen. Doch Brüssel hatte die Verbesserung der Beziehungen zu Pristina zu einem der Schlüsselkriterien für einen Beitritt gemacht. 2011 wurden die von der EU geleiteten Gespräche zwischen Serbien und Kosovo begonnen. Ziel des Dialogs soll die Normalisierung der Beziehungen sein – so zumindest bisher.

Viele Länder erkennen das Kosovo nicht an

Mit der Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz hat die EU-Hegemonialmacht Deutschland seine Position verschärft: Der SPD-Politiker hatte bei seiner Balkanreise im Juni die Anerkennung des Kosovo durch Belgrad gefordert, zur Verwunderung Vucic’. Doch die deutsche Position hat in der EU keine Mehrheit. Fünf EU-Staaten lehnen es aus jeweils unterschiedlichen Gründen ab, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen. Zu diesen Ländern gehören neben Rumänien, der Slowakei und Zypern auch Griechenland und Spanien.

Das wurde erneut am Wochenende deutlich, als der spanische Premierminister Pedro Sánchez bei seiner Balkanreise dem Kosovo keine Visite abstattete. Außerdem unterstrich er bei der Pressekonferenz mit seinem albanischen Amtskollegen Edi Rama am Montag in Tirana noch einmal die spanische Position. Madrid könne die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo nicht anerkennen, weil sie »gegen das Völkerrecht verstößt«, so Sanchez. Zudem unterstrich der Sozialdemokrat, dass sein Land die von der EU geführten Gespräche zwischen Belgrad und Pristina unterstütze.

Seit der einseitigen Ausrufung der Unabhängigkeit haben bislang nur 115 von 193 Mitgliedern der Vereinten Nationen die Eigenstaatlichkeit des Kosovo anerkannt. So gehören China, Russland, Brasilien oder Südafrika zu den Ländern, die keine diplomatischen Beziehungen zu Pristina unterhalten.

Politik in der nationalistischen Sackgasse

Der kosovarische Premier Albin Kurti steckt in der nationalistischen Sackgasse. Den Vorgängerregierungen hatte er immer wieder vorgeworfen, zu nachgiebig gegenüber Serbien zu sein. Zugleich setzte er immer weiter auf Konfrontation, wie die für den 1. August geplanten Maßnahmen zeigen, durch die serbische Dokumente und Nummernschilder nicht mehr anerkannt werden sollen.

Kurti, der ein Großalbanien anstrebt und zugleich bei manchen im Westen als Linker gilt, war beim Wahlkampf 2021 mit sozialen Versprechen angetreten. Zwar konnte er sich damit den Sieg sichern, doch enttäuschte er die Hoffnungen der Wähler. Sein Regierungshandeln richtet sich deswegen verstärkt auf den Konflikt mit Serbien. Immer wieder stellt er gegenüber Belgrad Maximalforderungen, die niemals erfüllt werden können. Für das Scheitern müssen dann wahlweise Serbien oder die internationale Gemeinschaft herhalten.

Und so wird, je länger der Konflikt dauert, die Möglichkeit für eine Beilegung geringer. Zumal der nächste Streitpunkt sich bereits abzeichnet. Denn Belgrad besteht unter anderem darauf, dass endlich die bereits zugesagte »Gemeinschaft der serbischen Gemeinden« eingerichtet wird. Damit würde eine quasi autonome Verwaltungsstruktur geschaffen, wie 2013 im Brüsseler Abkommen vereinbart worden war. Das will Kurti auf keinen Fall zulassen.

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