Der Geist von Mar-a-Lago

Wie die US-Republikaner mit den Ermittlungen gegen Donald Trump umgehen

  • Anjana Shrivastava
  • Lesedauer: 3 Min.

90 Tage vor den Zwischenwahlen zum US-Kongress ist die Empörung bei den Republikanern nach der Durchsuchung des Anwesens von Ex-Präsident Donald Trump groß. Trump-Anhänger versammeln sich seit Tagen in Mar-a-Lago und die Republikaner stellen sich schützend vor den Ex-Präsidenten. Selbst der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, eigentlich ein Rivale Trumps, regte sich über die Durchsuchung des FBI auf. Ähnlich äußerte sich auch der ehemalige Vizepräsident Mike Pence.

Der lauteste Unterstützer ist aber der Vorsitzende der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy. Der hofft, nach den Wahlen im November das Amt des Mehrheitsführers von Nancy Pelosi zu übernehmen. So wie der Kampf um das Recht auf Abtreibung möglicherweise die Demokraten zur Wahl mobilisiert, könnte die Durchsuchung in Mar-a-Lago die Republikaner an die Urnen treiben. McCarthy hat Justizminister Merrick Garland bereits Rache geschworen. Der solle seine Unterlagen gut aufbewahren und sich die Zeit nach der Wahl freihalten. Denn dann werde der Spieß umgedreht, so die Drohung.

Chris Christie, ehemaliger Bundesstaatsanwalt und Gouverneur in New Jersey, und der Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnel, sind hingegen etwas zurückhaltender. Beide fordern von Garland offene Karten und konkrete Ergebnisse. Das Vorgehen gegen Trump an sich verdammen sie hingegen nicht. Der enorm wütende Christie, der aus dem liberalen Nordosten der USA stammt, ist so etwas wie die Blaupause des Politikers Donald Trump. McConnell gilt als Ingenieur des konservativen Obersten Gerichts in Washington. Beide können sich ihre aktuelle Besonnenheit leisten, denn ihre großen Tage als Politiker liegen bereits hinter ihnen.

Dabei nehmen die Untersuchungen zu einer mutmaßlichen Verschwörung, die die Wahlergebnisse von 2020 torpedieren wollte, immer weiter an Fahrt auf. Am Tag nach der Durchsuchung in Mar-a-Lago konfiszierte das FBI das Handy des Kongressabgeordneten Scott Perry aus Pennsylvania. Im Fokus der Ermittlungen stehen die Versuche von Lokalpolitikern, alternative Wahlmänner-Listen mit Trump-Unterstützern aufzustellen. Vizepräsident Pence sollte diese Listen dann am 6. Januar 2020 bestätigen. Perry ist bereits der dritte Politiker, der ins Visier der Ermittler geriet. Laut Rechtsanwalt und Verfassungsexperten John Eastman sah der Plan mit den Alternativlisten vor, Stimmen, die per Briefwahl abgegeben worden waren, zu einem bestimmten Prozentsatz einfach abzuerkennen. Perry und Eastman standen direkt mit Trump in Kontakt.

Auffällig ist die rechtsradikale Rhetorik im republikanischen Mainstream: In Florida redet Ron DeSantis nicht von der »Biden-Regierung« sondern vom »Regime«: Gemeint ist damit das ganze Establishment in Washington, New York und Kalifornien. Dieses bildet in den Augen der Rechten – aber auch linker Kritiker wie Glenn Greenwald – eine nicht demokratisch legitimierte Übermacht in den USA. Trump selbst hat über Jahre die Kritik an FBI und anderen Elementen des sogenannten Deep State – also der unsichtbaren, tief verwurzelten und dadurch unantastbaren Staatsmacht – kultiviert.

Gegen diese Übermacht gelten zunehmend auch für Mainstream-Republikaner wie DeSantis nur Ausnahmemethoden: Der Gouverneur experimentiert in Florida ausgiebig mit Wirtschaftssanktionen gegen Disney und Big-Tech-Firmen. Selbstverständlich hofft DeSantis, dass Trump von Bidens Justizministerium bald aus dem Feld geräumt wird. Doch die Interpretation der neueren US-Geschichte wird mit jedem Ereignis schwieriger, die Wahl 2020 war nur der Anfang. Sollte Trump angeklagt werden, wäre dies für manche nur ein weiterer Schlag des »Regimes«. DeSantis will als Präsidentschaftskandidat die Trump-Wähler erben, das ist nicht selbstverständlich. Der Gouverneur macht selten einen Fehler, gewinnt aber auch kaum die Herzen. Sein einziger Trumpf ist seine ideologische Härte.

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