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Lage in Afghanistan hat sich drastisch verschlechtert
Ein Jahr nach Machtübernahme der Taliban leiden die Afghanen unter extremer wirtschaftlicher Not und schweren Menschenrechtsverletzungen
Der 15. August 2021 markiert das endgültige Aus der Republik Afghanistan. An diesem Tag stürmen die radikalislamischen Taliban den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Kabul. Zuvor hatten sie mit Beginn des Abzugs der internationalen Truppen bereits in rascher Abfolge zahlreiche Gebiete des Landes erobert. Der damalige Präsident Afghanistans, Aschraf Ghani, flieht ins Ausland. Er gesteht die Niederlage mit den Worten ein: »Die Taliban haben gesiegt.« Die internationale Gemeinschaft reduziert ihre Finanzhilfen drastisch und löst damit eine schwere Wirtschaftskrise aus.
Nach dem Zusammenbruch der Regierung versuchen westliche Staaten fieberhaft, ihre Staatsangehörigen und afghanische Ortskräfte außer Landes zu bringen. Am überfüllten Flughafen von Kabul spielen sich daraufhin chaotische Szenen ab. Am 26. August reißt ein Selbstmordattentäter der mit den Taliban rivalisierenden Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) mehr als 100 Wartende am Flughafen mit in den Tod. Vier Tage später verlassen die letzten US-Soldaten nach rund 20 Jahren endgültig das Land.
Bundeswehr-Abzug aus Afghanistan
Die Bundeswehr zieht im Juni 2021, nach knapp 20 Jahren, endgültig aus Afghanistan ab. Im August beteiligen sich deutsche Soldaten noch einmal an der chaotischen Evakuierungsaktion vom Flughafen in Kabul. Hunderte Deutsche, darunter Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen, halten sich noch im Land auf. Schon damals werden schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen in Deutschland und weiteren beteiligten Ländern laut, weil die afghanischen Ortskräfte beim Abzug der internationalen Truppen zunächst größtenteils zurückgelassen werden. Das Auswärtige Amt in Berlin bemüht sich weiter um die Ausreise. Bislang wurden einer Sprecherin zufolge 21 759 Visa erteilt.
Der sogenannte Westen macht die Einhaltung der Menschenrechte – insbesondere der Frauenrechte – zur Bedingung für die Wiederaufnahme humanitärer Hilfen für Afghanistan. Nachdem die Taliban zunächst weniger strikte Regeln als während ihrer brutalen Herrschaft von 1996 bis 2001 angekündigt hatten, beschließen sie in den Monaten nach ihrer Machtübernahme jedoch immer mehr Restriktionen für Mädchen und Frauen. Gegen protestierende Frauen, die für ihre Rechte eintreten, gehen sie gewaltsam vor.
Am 23. März schließen sie Mädchen vom Unterricht an weiterführenden Schulen aus, nachdem sie den Schulbesuch zuvor gestattet hatten. Frauen dürfen außerdem zahlreiche Jobs im öffentlichen Dienst nicht mehr ausüben. Seit Anfang Mai müssen sie sich in der Öffentlichkeit zudem komplett verhüllen. Auch alleine reisen dürfen sie nicht mehr. Zahlreiche weitere Verbote folgen: So werden etwa nichtreligiöse Musik und Filme sowie Serien untersagt, die unverhüllte Frauen zeigen.
Humanitäre und wirtschaftliche Krise
Nachdem die internationale Staatengemeinschaft ihre Hilfen eingefroren hat, versinkt das Land in einer schweren humanitären und wirtschaftlichen Krise. Die Arbeitslosigkeit steigt rasant. Nach UN-Angaben sind 24 Millionen Afghanen von Lebensmittelknappheit bedroht – und damit mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Nach einem Erdbeben Ende Juni im Osten des Landes mit mehr als 1000 Toten verhandeln die USA und die Taliban über die Freigabe eingefrorener Gelder der afghanischen Zentralbank.
Seit Oktober 2021 werden bei einer Reihe von Anschlägen, zu denen sich der regionale IS-Ableger Provinz Khorasan bekennt, Dutzende Menschen getötet. Die extremistische Gruppe ist nach Einschätzung von Experten die größte Sicherheitsherausforderung für die neue afghanische Führung.
Am 1. August gibt US-Präsident Joe Biden den Tod von Al-Kaida-Chef Aiman Al-Sawahiri in Kabul durch einen US-Drohnenangriff bekannt. Der Nachfolger von Osama bin Laden galt als einer der Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 in den USA. Die Taliban verurteilen den Angriff, bestätigen jedoch weder den Tod Al-Sawahiris noch seine Anwesenheit in Kabul. AFP/nd
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