Der große Manipulator

Jana Frielinghaus über Kardinal Woelkis PR-Strategie

Nach Zurückhaltung des ersten Gutachtens zu von Geistlichen verübter sexualisierter Gewalt an Schutzbefohlenen; nach jahrelanger Verweigerung von Schuldbekenntnis und Rücktritt; nach Abwälzung aller Schuld auf seinen verstorbenen Ziehvater und Vorgänger Kardinal Meißner bei Vorstellung des zweiten Gutachtens, das ihm zugleich einen juristischen und kirchenrechtlichen Persilschein ausstellt – nach all dem überrascht bei Rainer Maria Woelki überhaupt nichts mehr. Zumal in einigen Fällen belegt ist, dass er bewusst Täter schützte. Und zumal er für deren und für viele andere Opfer von Missbrauch und Übergriffen nie Worte echten Mitgefühls fand.

Nun also wieder eine Enthüllung über die Strategie des Leugnens, des Auf-andere-Zeigens und kalten Abfertigens Betroffener durch den Erzbischof von Köln. Laut einem Medienbericht belegen Unterlagen einer von ihm und seinen Getreuen engagierten PR-Agentur, dass das Bistum Ende 2020 »potenzielle Gegner«, konkret den Beirat von Betroffenen, einbinden und sich so eine positivere Berichterstattung sichern wollte. Tatsächlich konnte Woelki den Beirat zunächst dazu bewegen, seine Linie zu unterstützen, das erste Gutachten zurückzuhalten und ein zweites zu bestellen. Der Frieden hielt jedoch nur kurz. Der Beirat distanzierte sich, sein Vorsitzender empörte sich öffentlich, man sei ein weiteres Mal missbraucht worden. Die Verschwendung Hunderttausender Euro für den Rat von PR-Profis brachte also nichts.

Allerdings ist der Kölner Bischof mittlerweile auch der Buhmann für viele andere Vertreter des Klerus: Mit öffentlicher Kritik an ihm lässt sich fabelhaft von der eigenen Verstrickung in den Skandal ablenken. Zwar rettet dergleichen den eigenen Ruf nicht mehr wirklich. Aber nicht so schlimm: Da sind ja noch die staatliche Unterstützung für die Kirchen in Deutschland und der Rückhalt aus Rom.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -