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- European Championships 2022 in München
Befreit
Potsdamer Geher Christopher Linke gewinnt kurz nach Corona-Erkrankung EM-Silber
»Endlich eine Medaille!«, fiel Christopher Linke als erstes ein. Bei einem, der nach zwölf Jahren in der Weltspitze endlich mal eine Medaille bei einer großen internationalen Meisterschaft gewinnt, ist das nur allzu verständlich. »Ich bin seit der EM 2010 dabei. Irgendwann dachte ich, ich wäre verflucht, weil ich immer Vierter oder Fünfter wurde. Ich lief immer knapp an einer Medaille vorbei.« Bei den Heim-Europameisterschaften in München aber ging der Traum für den Potsdamer Leichtathleten mit Silber über 35 Kilometer Gehen endlich in Erfüllung.
Tatsächlich liest sich die Erfolgsbilanz des mittlerweile 33-Jährigen wie eine Aneinanderreihung der berühmten Holz- und Blechmedaillen, die es sprichwörtlich für die Ränge direkt neben dem Siegerpodest gibt. Fünfmal wurde Linke Vierter oder Fünfter bei WM, EM und Olympia. Und ausgerechnet jetzt, da er am wenigsten mit einem Erfolg rechnete, gelang er ihm. Bei der WM in den USA vor gut drei Wochen gab er im ersten Rennen auf und trat mit positivem Coronatest zum zweiten nicht mehr an. »Es ging mir drei Tage lang so schlecht, dass ich mein aus dem Bett gefallenes Handy nicht selbst aufheben konnte«, berichtete Linke von seinem Krankheitsverlauf.
Danach blieben ihm knapp 14 Tage Training, für Langstreckengeher ist das so gut wie nichts. »Die Ärzte sagten mir, ich sei medizinisch einsatzfähig, aber ich solle mir keine großen Hoffnungen machen.« Genau das aber schien ihn zu befreien. »Ich habe mir keinen Druck gemacht. Früher musste es immer eine Medaille sein. Davon habe ich mich gelöst. Und mit dieser Lockerheit hat es funktioniert.«
Dabei hatte er im Rennen noch unter starken Schienbeinschmerzen gelitten. »Typisch im Gehen, aber ich musste eine Schmerztablette nehmen«, sagte Linke später. Wenig Training, starke Schmerzen und keine Erwartungen. Ein ungewöhnliches Erfolgsrezept. »Das werde ich jetzt trotzdem nicht in meinen Trainingsplan einbauen«, stellte Linke klar. Auf Dauer wäre es wohl auch ziemlich ungesund.
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