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Empörung über Holocaust-Vergleich

Palästinenser-Präsident Abbas rudert nach umstrittener Aussage zurück, um Schaden zu begrenzen

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 4 Min.
Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas in Berlin
Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas in Berlin

Das Statement ist knapp und in gewisser Weise besonders: Um 11.32 Uhr teilte die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA mit, Präsident Mahmud Abbas bekräftige, dass der Holocaust »das abscheulichste Verbrechen in der Geschichte der modernen Menschheit« sei. Darauf folgt eine kurze Erläuterung, was Abbas mit seinen Äußerungen gemeint habe. Wie wichtig ihm dieses Statement zu sein scheint, lässt sich daran erkennen, dass sich WAFA, das Verlautbarungsorgan der Autonomiebehörde, nicht, wie üblich, auf das Büro des Präsidenten, sondern auf Abbas direkt beruft.

Doch auch diese Mitteilung konnte die Gemüter bisher nicht beruhigen. »Es ist bedenklich, wenn der Präsident zusammen mit einem der wichtigsten Regierungschefs eine Pressekonferenz gibt und danach erklären muss, was er eigentlich gemeint hat«, sagt Nasser al Kidwa, ein ehemaliger palästinensischer Außenminister, der im vergangenen Jahr aus der Fatah-Fraktion ausgeschlossen wurde. Vor einigen Wochen legte er zusammen mit 66 weiteren Politikern ein umfassendes Reformkonzept unter dem Titel »Nationale Rettungsinitiative« vor: »Dieses Ereignis zeigt uns einmal mehr, dass die Zeit für umfassende Reformen gekommen ist.«

Verärgert reagierten aber auch Funktionäre der Palästinensischen Befreiungsorganisation, die nicht namentlich genannt werden wollen, denn Abbas regiert seit einigen Jahren ausgesprochen repressiv. Wer ihn öffentlich kritisiert, wird bedroht und eingeschüchtert oder wenigstens aus dem Amt gedrängt. Die Kritik an der israelischen Politik und am militärischen Vorgehen in den palästinensischen Gebieten teilen alle, die sich Off the Record äußern. Aber man ist sich auch einig, dass diese Äußerungen den palästinensischen Interessen Schaden zugefügt haben.

Und das allein schon aus rein praktischen Gründen: Die Staaten der Europäischen Union zahlen Milliarden an die Autonomiebehörde. Und Deutschland ist einer der großzügigsten unter den Geldgebern. Ein alternder, bei der eigenen Bevölkerung extrem unbeliebter Präsident, der schon seit über zehn Jahren die Abhaltung von Wahlen verweigert, mit Repressionen regiert und in Gegenwart eines wichtigen Regierungschefs ausgesprochen sensible Begriffe bemüht, macht es schwer, die Herzen der Geldgeber zu erweichen, wenn es um die nächste Auszahlung geht.

»Ich denke aber auch, dass Abbas wahrscheinlich einen sehr wichtigen Punkt machen wollte«, sagt al Kidwa. »Die internationale Gemeinschaft muss klarere Ansagen treffen, um den Friedensprozess voranzutreiben. Er hat das nur so ungeschickt gemacht, dass jetzt wahrscheinlich mehr darüber diskutiert wird, ob das tatsächlich Apartheid oder Holocaust ist. Stattdessen müsste darüber gesprochen werden, wie die Zukunft aussehen könnte.«

Die Äußerungen hatten aber auch in Israel unmittelbare Auswirkungen. Nachdem im vergangenen Jahr eine Koalition aus linken, rechten Parteien und einer arabischen Fraktion unter Führung einer Art Doppelspitze aus Naftali Bennett und Ja’ir Lapid die Macht übernommen hatte, begann ein Prozess der langsamen Annäherung an die palästinensische Führung. Verteidigungsminister Benny Gantz traf sich mehrfach mit Abbas, und auch die Umsetzung des Pariser Abkommens funktionierte wieder recht reibungslos. Ende Juli telefonierten auch Präsident Jitzhak Herzog und Regierungschef Lapid, der kurz zuvor das Amt von Bennett übernommen hatte, mit Abbas – es war der erste direkte Kontakt zwischen beiden Regierungen seit fünf Jahren.

Doch seit Dienstagabend werden Gantz und Lapid von Oppositionsführer und Ex-Regierungschef Benjamin Netanjahu massiv für diese Treffen kritisiert. Die obsessive Zusammenarbeit mit Abbas sei gefährlich, schrieb er bei Twitter. Gantz warf Netanjahu hingegen vor, verantwortungslos mit dem Leben von israelischen Bürgern umzugehen. Die Gespräche und die Koordination in Sicherheitsfragen hätten Leben gerettet.

Nur: Dass Lapid oder sein Verteidigungsminister in absehbarer Zeit wieder zum Telefon greifen werden, ist wenig wahrscheinlich. »Abbas’ Aussagen über 50 Holocausts, getätigt auf deutschem Boden, sind nicht nur eine moralische Schande, sondern eine monströse Lüge«, sagte Lapid. Und Justizminister Gideon Sa’ar erklärte: »Abbas’ Wahl, diese erbärmlichen Aussagen auf deutschem Boden auszusprechen, zeigt nur, wie tief er gesunken ist.«

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