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Wo Pionier-Soljanka sauer aufstößt
Stiftung zur Aufarbeitung SED-Diktatur mokiert sich über Motive auf Suppendosen
Fröhlich sein und essen, trefflich verkörpert der Thälmannpionier jenes Motto auf der Dose, die »Schulküchen Soljanka« verspricht. »Mit Wurst und Fleisch«, verheißt das Etikett und versichert: »wie früher«. Welche Epoche mit »früher« gemeint ist, verraten Hammer und Zirkel im Ährenkranz über dem Pionier mit dem roten Halstuch: das Staatswappen der DDR. Zu viel Arbeiter- und Bauernstaat auf einer Suppendose im Jahre 2022 – das mag die in Berlin beheimatete »Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur« empfunden haben, zumal der Soljanka-Pionier nicht die einzige Erinnerung darstellt, die der Stiftung zum Ärgernis gereicht. Gar Militärisches ziert eine weitere Dose, die in REWE-Märkten im Osten Deutschlands zu haben ist: eine Feldküche, landläufig auch Gulaschkanone genannt. Was einst in ihr blubberte, bringt nun die wachsamen Stiftungsleute zum Brodeln. »NVA-Feldsuppe« ist auf der Büchse zu lesen.
Doch was dem Soldaten der Volksarmee und ihren Besuchern beim Tag der offenen Tür im Kasernement als deftige Stärkung zusagte und beim Genuss aus der Dose womöglich so manche Erinnerung weckt, schmeckt der Stiftung nun gar nicht. Sie greift nicht zum Probierlöffel, sondern zur verbalen Keule, wirft der Firma REWE die Verharmlosung der DDR-Diktatur, Geschichtslosigkeit sowie mangelndes Verantwortungsbewusstsein vor und vergisst auch nicht zu erwähnen, dass die Namensgeberin der einen Suppe, die NVA, »zur Absicherung des Mauerbaus« eingesetzt worden sei.
Es müsse zum erinnerungskulturellen Konsens des vereinten Deutschlands gehören, »das Unrecht der kommunistischen Diktatur nicht zu verharmlosen«, erhebt die Stiftung die Suppendosen-Sache auf eine Ebene, an welche die Herstellerfirma, ein kleinerer Betrieb im Altmärkischen Kläden beim Entwickeln von Pionier-Soljanka und NVA-Eintopf wohl kaum gedacht haben. Eher an die Beschäftigten der Suppenmanufaktur. Allein mit der Feldsuppe seien acht Vollarbeitsplätze verbunden, ist von dem Unternehmen zu erfahren.
Es gehe der Stiftung nicht darum, »die Highlights der DDR-Küche madig zu machen«, heißt es in den Zeilen aus Berlin, nur, man sei dagegen, »solche Produkte mit dem Emblem der DDR-Diktatur zu verzieren«.
In sozialen Netzwerken gehen die Meinungen zu den »DDR-Suppen« auseinander. Viele Nutzer machen der Herstellerfirma und auch REWE Mut, bedanken sich für das erinnerungsträchtige Angebot, doch auch kritische Kommentatoren melden sich, äußern sich ähnlich wie die Bundesstiftung.
Zu deren Vorwürfen hat die Kölner REWE-Zentrale Stellung genommen: Bei den Suppen handele es sich um Produkte von Lieferanten, die sowohl als Personen als auch als Unternehmen in ihrer Reputation und ihren Äußerungen nicht im Verdacht stünden, das SED-Regime, DDR-Unrecht oder die Beteiligung der NVA am Geschehen an der Mauer verharmlosen zu wollen.
REWE-Sprecher Thomas Bonrath weiß: In den ostdeutschen Bundesländern sei die Nachfrage nach Produkten und Rezepturen aus der Vorwendezeit nach wie vor ausgeprägt, »weil sie auch ein Stück weit (speise-)kulturelle Identität sind«. Es seien Lebensmittel einer ganzen Generation, die rar geworden sind und »in aller Regel auf ursprüngliche Aufmachung setzen, um im vollen Supermarktregal wiedererkannt zu werden oder um sich abzusetzen«.
Wichtig für die REWE-Geschäftspolitik, so Bonrath, seien Vielfalt, Toleranz und »die Förderung der Mündigkeit unserer Kunden«. Nicht geben dürfe es »eine Ausgrenzung in Form von Produktzensur, die den Kunden keine eigenständige Wahl lässt. Durch die tägliche Abstimmung der Verbraucher durch ihr Kaufverhalten entstehe automatisch eine Lenkungsfunktion für die Hersteller von Produkten, sagt Thomas Bonrath. Das heiße im Endeffekt «Was nicht gekauft wird, verschwindet über kurz oder lang vom Markt».
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