Mängel werden bleiben

Alle wünschen sich zwar gute Kitas. Doch die Finanzierung reicht auch mit einem neuen Gesetz nicht aus

Nicht optimal: Vielerorts fehlen Fachkräfte bei der Betreuung in den Kitas.
Nicht optimal: Vielerorts fehlen Fachkräfte bei der Betreuung in den Kitas.

Das Gute-Kita-Gesetz hört sich an wie eine Schöpfung aus der Werbeindustrie. Bessere Bedingungen für die Kinderbetreuung sollen damit geschaffen werden. Dafür gibt es einen von der ehemaligen Familienministerin Franziska Giffey (SPD) oft gerühmten »Instrumentenkasten«, der viele Möglichkeiten beinhaltet: Mehr Erzieher und Erzieherinnen können ausgebildet und eingestellt, Leitungskräfte entlastet und neue Räumlichkeiten finanziert werden. Oder es kann mit den Mitteln auch in die Beitragsfreiheit investiert werden. 5,5 Milliarden Euro hat der Bund den Ländern dafür seit 2019 zur Verfügung gestellt.

Schlecht ist nur, dass die bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um tatsächlich gute Bedingungen in den Einrichtungen zu schaffen. Noch immer gibt es in fast allen Bundesländern kaum eine solche Betreuung, wie sie von Expertinnen und Experten gefordert wird. Noch immer muss sich bedenklich oft eine Fachkraft um zu viele Kinder kümmern. Die Evaluation des Gesetzes vom September 2021 hat zwar gezeigt, dass die Qualität sich in den Einrichtungen seit 2019 verbessert hat – aber nicht in dem Umfang, wie es nötig gewesen wäre.
Daher soll es nun eine Anschlussfinanzierung für das auslaufende Gesetz geben. Darüber will das Bundeskabinett am Mittwoch beraten. Ein Referentenentwurf des Bundesfamilienministeriums sieht dafür in den Jahren 2023 und 2024 jeweils knapp zwei Milliarden Euro vor. In den Haushaltsberatungen vor der Sommerpause wurde die Größenordnung der Förderung bereits grundsätzlich vereinbart. Die Anschlussfinanzierung soll jetzt im Rahmen eines »Kita-Qualitätsgesetzes« laufen.
Der Name für die Förderung ändert sich, und auch die Schwerpunkte verschieben sich: Künftig werde »eine stärkere Fokussierung auf die Weiterentwicklung der Qualität der Kindertagesbetreuung« betont, heißt es in einer Begründung zum Gesetzentwurf. Für neue Beitragssenkungen sollen die Mittel des Bundes künftig nicht mehr ausgegeben werden. Beim Gute-Kita-Gesetz gab es die Kritik, dass die Senkung von Kita-Gebühren in einigen Bundesländern auch Gutverdienende einbezieht und die knapp bemessenen Mittel eher für eine personelle Verbesserung der Einrichtungen ausgegeben werden sollten.

Zu einem zentralen Handlungsfeld wird in dem Gesetzentwurf die Sprachförderung erklärt. Bei dem Thema musste das Bundesfamilienministerium zuletzt viel Kritik einstecken, weil das geschätzte Bundesprogramm »Sprach-Kitas« zum Jahresende auslaufen wird und damit eine gezielte Förderung für Kinder entfällt, die nicht mit Deutsch als Muttersprache aufwachsen. Dafür hat der Bund im laufenden Jahr rund 248 Millionen Euro veranschlagt. Im Juli konnten damit mehr als 523 000 Kinder erreicht werden.

Unklar ist, welche Lücken diese Neuordnung bei der Sprachförderung reißen wird. Jedes Land wird nämlich mit dem Bund darüber verhandeln, für welche Schwerpunkte es die Gelder einsetzen wird. Bis Ende Juni kommendes Jahr wird es dafür Zeit geben, ab August sollen die Bundesmittel fließen.

Judith Adamczyk vom Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) hält das geplante neue Gesetz für »einen guten Zwischenschritt« und erwartet qualitative Verbesserungen für die Einrichtungen in den kommenden beiden Jahren. Darüber hinaus sei aber ein »Qualitätsentwicklungsgesetz« nötig, »das Standards bei der Betreuung in den Einrichtungen verbindlich festlegt«, erklärte sie »nd«.

Kritik am Referentenentwurf gibt es von der Linkspartei, weil die Beitragsfreiheit nicht mehr berücksichtigt werden soll. Heidi Reichinnek, familienpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, fordert im Gespräch mit dem »nd« die Bundesregierung auf, die aktuelle Energiekrise zu nutzen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. »Wer aber jetzt eine Debatte über Kitagebühren beginnt, hat den Warnschuss nicht gehört.« Das sei unsozial. Bildung müsse gebührenfrei sein.

Die Vorsitzenden der Linkspartei aus den Ländern mit linker Regierungsbeteiligung – also Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen – sehen in dem Vorhaben einen Schritt hin zur Privatisierung der Bildung. »Wenn die Beitragsfreiheit als Handlungsziel des Gute-Kita-Gesetzes zukünftig wegfallen soll«, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, dann »muss gleichzeitig eine Kindergrundsicherung auf den Weg gebracht werden, die den Zugang zu frühkindlicher Bildung absichert«. Auch die AWO befürwortet beitragsfreie Kitas. Ein Qualitätsgesetz sei aber nicht geeignet, um das sicherzustellen, sagt Adamczyk. Dafür müsse es ein eigenes Gesetz geben. Und es müssten entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden.

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