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NDR gerät in Turbulenzen

Druck auf ARD-Sender nach Zensurvorwürfen nimmt zu

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Krise aufgrund möglicher Zensur von Berichterstattung durch Führungskräfte im NDR-Funkhaus Schleswig-Holstein hat sich nun auch erstmals NDR-Intendant Joachim Knuth direkt eingeschaltet und dem Kieler Funkhauschef Volker Thormählen die Verantwortung entzogen. Die Situation wird als derart belastend angesehen, dass Knuth nun auch einen externen Steuerungsprozess in der Aufarbeitung für nötig erachtet. Der Intendant wirkt dabei wie ein Getriebener, denn seine Personalentscheidung entspricht einem Vorschlag von Thormählen selbst, vier Wochen in einen unbezahlten Urlaub zu gehen. Nach neuerlichen Berichten des Magazins »Stern« über Einflussnahme auf die Berichterstattung durch die Leitungsebene im Kieler Ressort Politik und Recherche ist der Druck auf den ARD-Sender weiter gestiegen.

Knuth kritisierte auf einer Personalversammlung in Kiel, dass es bislang nicht gelungen sei, ein vernünftiges Krisenmanagement zu bewerkstelligen. Die Krise nimmt mittlerweile ein Ausmaß an, dessentwegen beim NDR offenbar mit weiteren Enthüllungen gerechnet wird, was den angeschlagenen Ruf weiter ramponieren würde. Beobachter halten Thormählens vierwöchige Auszeit für eine naive Lösung, mit der er sich an einen beruflichen Strohhalm klammert. Dieses Zeitfenster widerspricht auch der vom Kontrollgremium Landesrundfunkrat ausgegebenen Arbeitsweise, die Vorgänge mit Gründlichkeit statt Schnelligkeit zu prüfen und zu bewerten. Immerhin gilt es nicht nur etliche im Raum stehende Vorwürfe aufzuklären, auch einem »vergifteten Arbeitsklima« will man beikommen.

Das Online-Magazin Business Insider hat unterdessen eine einige Jahre zurückliegende arbeitsrechtliche Auseinandersetzung zwischen einem Mitarbeiter und dem NDR öffentlich gemacht, bei der es um eine Abmahnung und einen offenen Konflikt mit Thormählen ging. Dieser Vorfall soll dermaßen einschüchterend gewesen sein, dass er zum aktuellen »Klima der Angst« unter den Beschäftigten beitrage. Anstelle von Thormählen soll nun vorübergehend seine Stellvertreterin Bettina Freitag die Funktion der Funkhausleitung übernehmen. Sie springt auch als Chefredakteurin für Norbert Lorentzen ein, der darum gebeten hat, ihn bis auf Weiteres von seinen Aufgaben zu entbinden. Letzteres gilt auch für Politikchefin Julia Stein, deren Posten vorerst der Redakteur Andreas Schmidt einnimmt. Stein steht unter anderem in der Kritik, weil sie laut »Stern« eine im Herbst 2020 geplante Recherche über die Rolle des DRK in den 50er Jahren beim Betrieb von Kindererholungsheimen an der Nordsee, in denen es zu etlichen Missbrauchsfällen gekommen war, unter Einbeziehung der heutigen DRK-Leitungsebene »entschärfen« wollte. Pikant: Dem »Stern« zufolge war die damalige Vorsitzende des schleswig-holsteinischen Landesrundfunkrats, Jutta Schümann, mit DRK-Landeschefin Anette Langner liiert.

Fragen wirft auch die Tatsache auf, dass der leitende Politikredakteur Stefan Böhnke aus dem Kieler Funkhaus sich voriges Jahr im Bürgermeisterwahlkampf von Timmendorfer Strand posierend am Wahlkampfstand seines Ehemannes fotografieren ließ. Der Schnappschuss tauchte auf der Facebook-Seite des FDP-Kommunalpolitikers auf. Der Sender betont, dass der Redakteur nicht an der Wahlkampfberichterstattung beteiligt gewesen sei.

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