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Selbstbestimmte Persönlichkeit als Ziel

Gewerkschafterinnen, Aktive von Linkspartei, Attac und anderen Gruppen werben für bedingungsloses Grundeinkommen

In Berlin scheiterte erst vergangene Woche ein Volksbegehren, mit dem ein Pilotprojekt zur Erprobung der Wirkungen eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) gefordert wurde – mangels Beteiligung. Zuvor war im Juni eine Europäische Bürgerinitiative ohne Erfolg geblieben, die einen ähnlichen Praxistest auf EU-Ebene gefordert hatte. Für die Verfechter der Idee ist das kein Grund, deprimiert zu sein. Ronald Blaschke vom Netzwerk Grundeinkommen glaubt vielmehr, dies müsse Ansporn sein, die politisch linken, emanzipatorischen und ökonomischen Konzepte rund um das BGE in der breiten Öffentlichkeit bekannter zu machen.

Aktive aus der sozialen Bewegung der Erwerbslosen und Prekären, aus der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Grundeinkommen in der Linkspartei, aus Gewerkschaften, katholischen Verbänden, aus Wissenschaft und Publizistik sowie dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac sind auch deshalb am Montag mit einer Erklärung mit dem Titel »Grundeinkommen und Emanzipation« an die Öffentlichkeit getreten. Darin werben die 40 Erstunterzeichnenden für ein explizit antikapitalistisches Vorhaben, einen fundamentalen gesellschaftlichen Wandel, der weit mehr umfasst als die bedingungslose Existenzsicherung.

Blaschke, der zu den Initiatoren der Erklärung gehört, betont: »Als ein Bestandteil einer notwendigen sozialökologischen Transformation braucht es ein erweitertes, emanzipatorisches Konzept für ein Grundeinkommen.« Es gehe insbesondere darum, allen zu ermöglichen, die Gesellschaft mitzugestalten, demokratisch teilzuhaben und über das eigene Leben selbst bestimmen zu können.

Zu den Unterstützerinnen der Erklärung gehören neben verschiedenen Aktiven der Linken auch Gewerkschafterinnen der IG BAU, unter ihnen deren Bundesfrauensekretärin Renate Wapenhensch. Sie betonte die Bedeutung eines emanzipatorischen Grundeinkommens für die Geschlechtergerechtigkeit, insbesondere bei der Aufteilung der Familien- und Sorgearbeit. Deshalb haben die Frauen einen Antrag für den am 25. September beginnenden IG-BAU-Gewerkschaftstag gestellt, in dem gefordert wird, dass sich die Organisation intensiv mit dem Thema befassen soll.

Auch in der Linkspartei steht eine Entscheidung in Sachen emanzipatorisches BGE an, auf die die BAG Grundeinkommen bereits seit 2018 hingearbeitet hat. Resultat der Bemühungen ist, dass der Linke-Bundesvorstand am 6. September begonnen hat, Unterlagen zu einem Mitgliedervotum zu versenden. Die Genossinnen und Genossen sind damit aufgerufen, bis zum 26. September darüber abzustimmen, ob die Forderung nach einem BGE in das Parteiprogramm aufgenommen werden soll. Sollte sich eine Mehrheit dafür aussprechen, ist der Vorstand gefordert, entsprechende Formulierungsvorschläge zu erarbeiten.

Bislang äußerte sich die Parteispitze mehrheitlich ablehnend gegenüber einer solchen Festlegung auf die Forderung nach einem BGE. Derzeit tritt die Linke für eine sanktionsfreie Mindestsicherung für Erwerbslose, eingeschränkt Erwerbsfähige und Rentner in Höhe von 1200 Euro monatlich ein, vor deren Zahlung auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der betreffenden Person geprüft werden sollen.

In der am Montag vorgestellten Erklärung heißt es, dass man zugleich für eine für alle kostenlose soziale Infrastruktur und kostenlosen öffentlichen Nahverkehr eintrete. Zu den Unterstützerinnen des emanzipatorischen BGE gehört auch Inge Hannemann, früher Jobcenter-Mitarbeiterin, heute freie Publizistin und Aktivistin für eine armutsfeste Mindestsicherung. Sie wies darauf hin, dass die von der Ampelkoalition geplante Einführung des Bürgergeldes grundlegende Anforderungen an eine echte soziale Absicherung nicht erfülle und weit vom Ansatz des BGE entfernt sei. »Wir bleiben damit im Repressionssystem stecken«, sagte Hannemann. Zudem sei die geplante Anhebung des Regelsatzes für Berechtigte um 53 Euro erst ab Januar 2023 angesichts der Teuerung kaum ein Ausgleich.

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