Dresdens Rathaus verwaist

Poker um Wahl von fünf der sieben Fachbürgermeister hält an

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Eva Jähnigen hat ihren Schreibtisch ausgeräumt. Die Amtszeit der grünen Umweltbürgermeisterin von Dresden, die im Juli bei der Wahl des neuen Oberbürgermeisters mit 38,5 Prozent noch einen Achtungserfolg gegen Amtsinhaber Dirk Hilbert (FDP) eingefahren hatte, endete vor wenigen Tagen. Gleiches gilt für ihre Kollegen in den Ressorts Finanzen und Ordnung, Peter Lames (SPD) und Detlef Sittel (CDU). Ende September ist auch die Wahlperiode von Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) vorbei, vier Wochen später die ihrer für Kultur zuständigen Parteifreundin Annekatrin Klepsch. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Führungsetage im Rathaus der Halbmillionenstadt dann weitgehend verwaist ist und alle Arbeit auf zwei Schreibtischen landet: bei Hilbert und dem grünen Baubürgermeister Stefan Kühn.

Hintergrund ist ein beispielloser Machtpoker zwischen Hilbert und seiner Partei auf der einen sowie der Ratsmehrheit aus Grünen, Linke, CDU und SPD auf der anderen Seite. Letztere hatten bereits 2020 ein Personalpaket geschnürt, das vorsah, die meisten Bürgermeister für weitere sieben Jahre im Amt zu bestätigen. Beflügelt von seinem Wahlerfolg, wischte Hilbert das vom Tisch. Er reklamierte das einflussreiche Finanzressort für die FDP und wollte deren Landeschefin Anita Maaß, derzeit Bürgermeisterin der Kleinstadt Lommatzsch, nach Dresden holen. Das hätte eine Personalrochade zur Folge gehabt, bei der die Grünen die Zuständigkeit für Umwelt eingebüßt hätten und die Linke mit dem Kulturressort einen Posten gänzlich verlieren sollte. Als am 12. August der Stadtrat in einer Sondersitzung trotzdem zur Wahl schritt und zunächst Lames im Amt bestätigte, verweigerte Hilbert diesem sein Einvernehmen.

Wenn der Stadtrat an diesem Donnerstag regulär tagt, steht erneut die Wahl von fünf Bürgermeistern auf der Tagesordnung. Ob es dazu kommt, war bis zuletzt völlig offen – trotz eines Verhandlungsmarathons. Er drehte sich zum Schluss im Kern darum, ob die Zahl der Fachbürgermeister auf acht erhöht wird, um die FDP zufrieden zu stellen. Diese wäre mit der Zuständigkeit für Tourismus und Sport bedacht worden. Fraktionschef Holger Zastrow nannte das Angebot »eine Frechheit«. Die Grünen konterten, damit sei klar, wer »die Handlungsfähigkeit der Verwaltung torpediert«. Die SPD attackierte Hilbert für die Aussage, zur Einigung habe man »alle Zeit der Welt«: Das sei eine »absolute Respektlosigkeit« nicht zuletzt gegenüber Rathausmitarbeitern, auf die nun viel Mehrarbeit zukomme.

Selbst wenn sie diese schultern, seien Beigeordnete nicht einfach zu ersetzen, merkt die Linke an. Sie repräsentieren die Stadt in Gremien, Aufsichts- und Beiräten. »Da schlägt eine riesige Welle von Arbeit über wenigen Personen zusammen«, sagt ein Rathauskenner, der deshalb an eine baldige Einigung im Machtpoker glaubt: »Die Erkenntnis entfaltet langsam Wirkung.«

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