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Nicht mein König
In Großbritannien regt sich nach Verhaftungen erster Unmut gegen Charles III.
Der neue britische König hat dieser Tage keinen leichten Job. Unmittelbar nach dem Tod seiner Mutter muss Charles III. endlose öffentliche Auftritte bestreiten, Zeremonien absolvieren und Ansprachen halten – und alles wird live im Fernsehen übertragen. Da kann man nicht immer Haltung wahren, wenn es nicht nach Plan geht. Etwa wenn der Füllfederhalter mal ausläuft. »Ich kann dieses verdammte Ding nicht ausstehen«, murmelte der frustrierte König, als er sich am Dienstag ins Gästebuch im nordirischen Schloss Hillsborough eintragen wollte und sein Griffel kleckerte. Genervt stand er auf und fluchte: »Jedes verflixte Mal!« Seine Frau Camilla stand daneben und wies auf die Schmiererei: »Oh schau, es läuft überallhin.«
Es war nicht das erste Mal, dass der neue König in den ersten Tagen seiner Regentschaft eine etwas unglückliche Figur machte. Während seiner würdevollen Proklamation am Samstag regte er sich über ein Tintenfass auf, das ihm auf dem Tisch im Weg stand. Unwirsch deutete er einem Diener an, das Objekt gefälligst aus dem Weg zu räumen. In den sozialen Medien wurde die Episode nicht goutiert, dem neuen König wurde Überheblichkeit vorgeworfen.
Abgesehen von diesen doch eher kleinen Zwischenfällen ist bereits handfestere Kritik am neuen König laut geworden. Dass offensichtlich bis zu 100 Angestellte von Clarence House, der bisherigen Residenz von Charles, am Sonntag ihre Kündigung erhielten, hat Kopfschütteln ausgelöst. Viele hatten erwartet, dass sie im neuen Haushalt des Königs automatisch eine neue Anstellung finden würden. Ein betroffener Angestellter sagte gegenüber dem »Guardian«: »Alle sind stinksauer.«
Zudem haben Monarchiegegner in den vergangenen Tagen ihrem Unmut über den undemokratischen Wechsel an der Spitze des Königreichs Luft verschafft. In Oxford beispielsweise rief ein junger Friedensaktivist während der Proklamation: »Wer hat ihn gewählt?« Prompt wurde er in Handschellen abgeführt. Auch in Edinburgh wurde ein Mann verhaftet, nachdem er bei einer Prozession lautstark über Prinz Andrew geschimpft hatte.
Der Anwalt Paul Powlesland geriet ebenfalls in Konflikt mit der Polizei, als er am Parliament Square in London ein leeres Stück Papier in der Hand hielt; die Beamten hätten ihn gewarnt, dass sie ihn verhaften könnten, wenn er darauf schreiben würde: »Nicht mein König.« Im Fernsehen sagte Powlesland später: »Wir müssen eine klare Trennlinie ziehen zwischen Respektlosigkeit gegenüber den Trauerkundgebungen für die Queen und Protesten gegen die Thronbesteigung von Charles.« Er solle zumindest die Möglichkeit haben, seine Meinung über den neuen König zum Ausdruck zu bringen.
Republikanisch gesinnte Briten sind zwar in einer deutlichen Minderheit. Eine neuere Umfrage hat ergeben, dass rund ein Viertel der Bevölkerung lieber eine Republik hätte, unter jungen Leuten ist es etwa ein Drittel. Dass aber jetzt diesem Teil der Öffentlichkeit die Möglichkeit genommen wird, ihre Überzeugung zum Ausdruck zu bringen, hat Bürgerrechtskampagnen und Politiker alarmiert – sie sehen es als einen groben Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung.
»Das Recht zu protestieren ist eine Grundlage unserer Demokratie und sollte ermöglicht werden«, twitterte die Abgeordnete Joanna Cherry von der Schottischen Nationalpartei SNP. Graham Smith, der Vorsitzende der Anti-Monarchie-Kampagne Republic, sagte: »Zu einer Zeit, in der die Medien voll sind von Speichelleckerei für einen König, der ohne Diskussion oder Zustimmung ernannt worden ist, ist Redefreiheit noch wichtiger als sonst.«
Das rigorose Vorgehen der Behörden hat sogar dazu geführt, dass manche Anhänger der Monarchie nunmehr zu Königsgegnern geworden sind – zumindest trifft dies auf Paul Powlesland zu: Er habe die Monarchie zuvor für eine »etwas merkwürdige Idee« gehalten, aber er habe das Gefühl gehabt, sie funktioniere. »Aber nach dem, was ich in der letzten Woche gesehen habe, bin ich jetzt ein Republikaner«, sagte er.
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