Fremde feministische Federn

Dass Unions-Politikerinnen den Slogan der PKK-Frauenbewegung benutzen, irritiert

  • Julia Trippo
  • Lesedauer: 4 Min.

CDU-Frauen fallen in der Regel nicht durch radikalen Feminismus auf und sind sich in der eigenen Partei noch nicht einmal einig, ob eine Frauenquote ein adäquates Instrument ist, um den schwindelerregend hohen Männeranteil in der Union auszugleichen. So manche mag es da verwirrt haben, als die CDU/CSU-Größen Dorothee Bär, Julia Klöckner, Serap Güler und Nina Warken am Mittwoch (28. September) in Berlin für Frauenrechte und in Solidarität für die Menschen im Iran auf die Straße gingen. Nach dem gewaltsamen Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, die am 16. September von der Sittenpolizei festgenommen wurde und vermutlich durch Polizeigewalt starb, brodeln im Iran und mittlerweile auch weltweit Proteste.

So steht auf den Schildern der vier Bundestagsabgeordneten: »Frauen, Leben, Freiheit – Solidarität mit den Frauen im Iran. CDU/CSU«. Irritierend daran ist, dass »Jin, Jiyan, Azadi« eigentlich eine Parole der kurdischen Freiheitsbewegung ist. Und die PKK wurde 1993 ausgerechnet vom christdemokratischen Innenminister Manfred Kanther in Deutschland verboten. Ein gewisser Widerspruch, da die Union die kurdische PKK als »Terrororganisation« bezeichnet, kriminalisiert und stigmatisiert. Doch deren Slogan scheint gut genug zu sein, um von Frauen, die Mitte-rechts im politischen Spektrum stehen, benutzt zu werden.

Immerhin endet der christdemokratische Einsatz für die Menschen im Iran hier nicht: So schrieben 19 Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen offenen Brief an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Darin forderten sie Baerbock auf, nicht nur feministische Diskussionsrunden im Außenministerium zu betreiben, sondern ihren Worten Taten folgen zu lassen. Zu Recht kritisierten sie die vier Tage zu späte Reaktion Baerbocks auf Aminis Tod und die geplanten Kürzungen finanzieller Mittel für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, die explizit für Geschlechtergerechtigkeit eingesetzt werden sollten. Doch bei Sätzen wie »In vielen Ländern auf dieser Welt gehört Gewalt von Männern immer noch zum grausamen Alltag unzähliger Frauen« sollte nicht vergessen werden, dass sexualisierte Gewalt auch von deutschen Männern tagtäglich gegen Frauen verübt wird.

Bleibt dennoch die Frage, was hinter dem Einsatz für die iranische Frauenbewegung wirklich steckt. Versteht man die Kämpfe im Iran als ein Problem, das uns alle betrifft und etwas angeht, wird dies schwer mit der politischen Linie der Union zu vereinen sein. Interessant wäre nämlich, wie die Politikerinnen der Union zur Selbstbestimmung muslimischer Frauen in Deutschland stehen, so wie sie es für jene im Iran fordern. Gilt das dann auch für die Muslima in Deutschland, die Hijab, Niqab, Tschador und Burka tragen wollen? Schaffen die Frauen der Union den gedanklichen Spagat, gegen den Kopftuchzwang und gleichzeitig gegen das Kopftuchverbot zu sein? Wie würde die Union politisch mit Asylbewerber*innen aus dem Iran umgehen? Bisher gibt es keinen Abschiebestopp für iranische Schutzsuchende und der iranische Kopftuchzwang wird in Deutschland meist nicht als Asylgrund anerkannt. Geht der christdemokratische Feminismus wortwörtlich nur bis zu den berüchtigten EU-Außengrenzen?

Außerdem wird das Kopftuch oft als religiöses Symbol politisiert, einige muslimfeindliche Feminist*innen benutzen es als Rechtfertigung für ihre Islamophobie. Gerade in der Außenpolitik gibt es das Phänomen, dass Frauenrechte immer dann interessant werden, wenn andere Interessen damit verknüpft werden können. Man erinnere sich an George W. Bushs »Krieg gegen den Terror« 2001 und die Invasion Afghanistans, die er zum Teil mit Frauenrechten begründete: Es gehe nicht nur darum, Terrorismus zu bekämpfen, sondern insbesondere um die Rechte der afghanischen Frauen. Auf einmal rückten Frauenrechte ins amerikanische Bewusstsein und wurden von Politik und Medien instrumentalisiert.

Das zukünftige politische Engagement und weitere politische Lösungsansätze von Bär, Klöckner, Güler und Warken werden zeigen, wie weit ihre Solidarität für die iranische Frauenbewegung wirklich reicht. Sind ihr Anliegen und die Solidarität für die feministische Bewegung im Iran aufrichtig und ernst gemeint, dann ist das lobenswert. Doch in Hinblick auf die bisherige politische Haltung der Union ist es ratsam, in dieser Frage skeptisch zu bleiben.

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