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Neue Vorwürfe gegen SPD-Senator Geisel
Deutsche Wohnen & Co enteignen fordert Rücktritt des Berliner Bausenators
Nach der Opposition im Abgeordnetenhaus fordert nun auch die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen vehement den Rücktritt von SPD-Senator Andreas Geisel. Der Vorwurf der Aktivisten: Der damalige Innen- und heutige Bausenator Geisel habe vor zwei Jahren die Prüfung der Zulassung des Volksbegehrens zur Vergesellschaftung der Wohnungsbestände großer Immobilienkonzerne »wissentlich rechtswidrig« verzögert.
Die Initiative verweist dabei am Mittwoch auf jetzt über das Online-Portal »Frag den Staat« bekannt gewordene interne Dokumente der Innenverwaltung aus dem Mai 2020. Fast ein Jahr zuvor hatte die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen mehr als 77.000 Unterschriften für die Einleitung eines Volksbegehrens eingereicht. Dann passierte: nichts. Nach elf Monaten platzte den Aktivisten der Kragen. Sie reichten beim Verwaltungsgericht eine Klage wegen Verschleppung der Unterschriftenprüfung und Untätigkeit der von Senator Geisel geleiteten Behörde ein. Hier war man nun offensichtlich aufgeschreckt.
»Sollte die Klage zulässig sein, hätten wir keine Chance«, schreibt ein Mitarbeiter der Innenverwaltung. Zugleich baute man wohl darauf, dass man nach Zustellung der Klage immer noch eine »ein- bis zweimonatige Stellungnahmefrist« habe, gefolgt von einem »weiteren Austausch von Schriftsätzen« und einer mündlichen Verhandlung, »sodass mit einer Entscheidung frühestens in einigen Monaten zu rechen ist«, wie es in einem weiteren Schreiben heißt. Mit anderen Worten: Man ist sich zwar bewusst, dass die Untätigkeit rechtlich nicht zu halten ist, spielt aber dennoch auf Zeit.
Tatsächlich sollte es vier weitere Monate dauern, bis die Verwaltung das Volksbegehren im September 2020 für zulässig erklärte. Aber auch hierfür brauchte es erst eine Eilklage von Deutsche Wohnen & Co enteignen, wie aus Kreisen der Initiative zu hören ist. Ein Jahr später folgte schließlich der erfolgreiche Volksentscheid. Seither müht sich die SPD im Senat, etwaige Umsetzungsperspektiven zu beerdigen.
Deutsche Wohnen & Co enteignen sieht in dem Schriftwechsel von 2020 konsequenterweise einen eindeutigen Beleg dafür, dass Geisels Behörde dem Vorhaben der Initiative schon damals bewusst Steine in den Weg legen wollte. »Von Anfang an wollte Geisel verhindern, dass wir Berliner*innen gemeinsam entscheiden, wie wir in unserer Stadt wohnen möchten«, sagt Sprecherin Bana Mahmood. Die Pannen bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen im September vergangenen Jahres seien so betrachtet auch »nur die Spitze des Eisbergs« und Teil einer »Reihe von Skandalen«, die Geisel zu verantworten habe. Mahmoods Forderung ist klar: »Andreas Geisel muss gehen.«
Zur Wahrheit gehört, dass das Verhältnis zwischen der Vergesellschaftungsinitiative und dem SPD-Politiker seit jeher frostig ist. Die Rücktrittsforderung kommt daher wenig überraschend. Gleiches gilt freilich für Teile der Basis der Linken, die den auf das Volksbegehren folgenden Volksentscheid »Deutsche Wohnen & Co enteignen« 2021 im Wahlkampf mit Kräften unterstützt hat. So werden auch hier erste Forderungen laut, der Senator solle seinen Posten räumen, rot-grün-roter Koalitionsfrieden hin oder her.
»Geisel ist eine von einer Senatsverwaltung zur anderen wandelnde Gefahr für die Demokratie«, sagt etwa Moheb Shafaqyar, Mitglied der Linksfraktion und Vizevorsteher der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg. Für den Juristen, der sich selbst bei Deutsche Wohnen & Co enteignen engagiert, bringen die nun dank des Informationsfreiheitsgesetzes von »Frag den Staat« veröffentlichten Papiere der Innenverwaltung das Fass zum Überlaufen. »Als sei das katastrophale Wahldesaster nicht schon genug, ist jetzt diese unwürdige Dokumentation der Verschleppung des Volksentscheids ans Licht gekommen«, sagt Shafaqyar zu »nd«. Es sei unterträglich, dass der SPD-Politiker nicht spätestens jetzt seinen Hut nehme.
Zumindest mit dem Wahldesaster wird sich an diesem Donnerstag auch das Abgeordnetenhaus beschäftigen. In der Aktuellen Stunde soll es auf Vorschlag der SPD-Fraktion um die »Ergebnisse der Expertenkommission des Senats zu Verbesserungen von Wahlabläufen« gehen. Für größeren Theaterdonner dürfte gesorgt sein.
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