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Sánchez mit Rekord bei Sozialausgaben

Sozialdemokraten in Spanien einigen sich mit linkem Juniorpartner auf expansiven Haushalt

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Wahljahr 2023 wirft in Spanien seinen Schatten voraus. Die anstehenden Kommunal‑, Regional‑ und Parlamentswahlen haben die Sozialdemokraten (PSOE) nach Wahlschlappen bei vorangegangenen Regionalwahlen dazu motiviert, den Blinker nach links zu setzen. »Zum dritten Mal in Folge haben wir einen Staatshaushalt verabschiedet, um die Mittel- und Arbeiterklasse zu schützen, die soziale Gerechtigkeit voranzutreiben und den wirtschaftlichen Wohlstand Spaniens zu gewährleisten«, twitterte der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez (PSOE) nach der schwierigen Einigung mit dem Juniorpartner von »Unidas Podemos« (UP).

Die Linkspartei UP konnte in den Verhandlungen einige Verbesserungen erreichen. Sánchez hatte kürzlich den Widerstand gegen eine Reichensteuer aufgegeben, welche die UP seit langem fordert. Die Mehreinnahmen daraus können nun in den Haushalt einfließen. Die »Solidaritätssteuer« soll befristet eingeführt werden und dem Staat 3,1 Milliarden Euro einbringen, konkretisierte Finanzministerin María Jesús Montero (PSOE). Leicht angehoben wird auch die Kapitalertragssteuer. Im Gegenzug werden Freibeträge für die Einkommenssteuer gesenkt, um niedrige Einkommen zu entlasten.

Sechs von zehn Euro im Haushalt sollen im kommenden Jahr für Sozialausgaben aufgewendet werden, betonte Montero bei der Vorstellung des Budgets. »Das ist die historisch höchste Summe«, fügte sie stolz an. Das sind genau die Aussagen, die die Regierung schon vor einem Jahr gemacht hat. Tatsächlich steigen die Sozialausgaben weiter, zu denen unter anderem Renten gezählt werden. Sozialausgaben sollen um 10,5 Prozent auf fast 267 Milliarden Euro steigen. Rechnet man aber die Inflation ein, wurden die Ausgaben im Wert praktisch nicht gesteigert, da Spanien eine offizielle Teuerungsrate im Bereich von zehn Prozent verzeichnet.

Die Ausgaben für Renten sollen überdurchschnittlich um 11,4 Prozent steigen. Für einen Inflationsausgleich reicht das aber nicht, weil die Einzelrente laut Montero nur um etwa 8,5 Prozent angehoben wird. Die Steigerungsrate bei den Gesamtausgaben liegt höher, weil die Zahl der Rentner steigt. Diese große Wählergruppe profitiert besonders von den Erleichterungen bei der Einkommenssteuer. Ein Rentner mit einer Jahresrente von 16 500 Euro soll im kommenden Jahr fast 700 Euro sparen und hätte damit nur noch etwa die Hälfte der bisherigen Abgabenlast zu tragen.

Neu ist ein Zuschuss von 100 Euro für Mütter mit Kindern bis zu drei Jahren. Das Kindergeld soll im kommenden Jahr für alle Kinder in dieser Altersgruppe gezahlt werden, bisher bekamen es nur berufstätige und alleinerziehende Mütter. Regelmäßige Zugfahrten im Nahverkehr und auf mittleren Strecken sollen 2023 umsonst bleiben, um der Inflation zu begegnen. Bisher war die Maßnahme von September bis Dezember begrenzt. Insgesamt sollen Investitionen in sozialpolitische Maßnahmen wie Gesundheit, Bildung und Subventionen für die Bedürftigsten verstärkt werden.

Nicht so gut getroffen haben es die Angestellten im öffentlichen Dienst. Vorgesehen ist zwar eine Gehaltsanhebung im kommenden Jahr um 2,5 Prozent, die je nach Entwicklung um einen weiteren Prozentpunkt steigen könnte. Insgesamt sollen sie in den nächsten drei Jahren um 9,5 Prozent steigen. Angesichts der hohen Inflation bedeutet das aber für die Beschäftigten einen empfindlichen Kaufkraftverlust.

Die Militärausgaben hingegen steigen um fast 26 Prozent von 9,8 auf 12,3 Milliarden. Dabei werden Ausgaben schöngerechnet. Offiziell sollen es nur 6,5 Prozent mehr sein. Doch dieser Wert steigt schon auf 8,4 Prozent, wenn man die EU-Gelder hinzunimmt. Rechnet man auch Gelder wie die für Modernisierung des Militärs hinzu, dann steigt ausgerechnet der Posten für das Militär wie kein anderer.

Der UP-Sprecher Pablo Echenique kritisiert die steigenden Militärausgaben scharf. Er sprach von einer »einseitigen« Entscheidung der PSOE, der er »Untreue« vorwirft. Die Finanzministerin widersprach, UP habe die Details gekannt. Montero rechtfertigte sie zudem damit, dass darüber 23 000 Arbeitsplätze geschaffen würden. Schmackhaft muss die Minderheitsregierung das Budget nun noch ihren Mehrheitsbeschaffern im Baskenland und Katalonien machen. Dort wird zum Beispiel kritisiert, dass es keine Fortschritte beim Mietengesetz gibt. Ohne den Mietendeckel wird den Familien aber besonders für Wohnen viel Geld aus dem Säckel gezogen. Mit ihrem Koalitionspartner UP will die PSOE darüber nicht verhandeln, zeigt sich aber offen für Verhandlungen mit Basken und Katalanen.

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