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Links und aufklärerisch
Gäbe es keine ökonomischen Interessen für den Raubzug gegen die Natur, wäre die Welt längst klimaneutral
Ich habe einen interessanten Essay über die Zukunft der Umweltbewegung gelesen. Die, so las ich, kranke daran, dass sie sich zu sehr verzettele und sich überhaupt zu sehr links verorte. Das hindere breite Bevölkerungsschichten, sich anzuschließen. Und das, obwohl viele Millionen bereit wären, der Ökologie den Vorrang einzuräumen. Die Leute seien allerdings nicht bereit, auch noch das Alphabet der politischen Korrektheit herunterzubeten. »Solange die Rettung des Planeten als linkes Projekt gilt, das wesentliche Teile der Bevölkerung nicht integriert, sie stattdessen als Gegner behandelt, wird sie nicht gelingen.«
Nun muss ich zugeben, dass ich schon mal einen ähnlichen Gedanken hatte. Und zwar, als Fridays for future Hannover, auf die Idee kam, eine Sängerin, die zur falschen Hautfarbe die richtigen Dreadlocks hatte, von einer Veranstaltung auszuladen. Das hatte mit sehr vielem nichts zu tun. Mit Ökologie und der Rettung des Planeten aber ganz gewiss nichts. »Das Anliegen von FFF«, heißt es in dem Essay, »war ursprünglich vorpolitisch und aufklärerisch: Hört auf die Wissenschaftler!«
Zwei Dinge sehe ich da anders. Erstens: Zu viel der Ehre für FFF, sie als Stellvertreterin für die Ökologiebewegung darzustellen. FFF scheint mir längst vor allem eine Projektionsfläche für die Generation der Altvorderen zu sein. Von denen – einst in der Anti-AKW-Bewegung gestartet und längst im SUV gelandet – wünschen es sich viele mit ihrem latent schlechten Gewissen sehnsüchtig, dass die Jungen ihnen in aller Deutlichkeit klarmachen mögen, was sie von ihrem Egoismus halten. Es ist dann schon ein Schock, wenn die Enkelin zwar zu Omas Wohlgefallen freitags mitmarschiert und eloquent vegane Ernährung anpreist, aber kein Problem damit hat, zur Abi-Feier nach Mallorca und übers Wochenende nach Barcelona zu fliegen.
Was natürlich nichts daran ändert, dass FFF und vor allem Greta Thunberg der längst verdiente Arschtritt für eine Erwachsenengeneration waren, die es sich mit der Apokalypse heimelig arrangiert hatte. Als Hoffnungsschimmer wäre mir FFF allerdings zu flackerig, lieber denke ich da auch an Hunderttausende Leute, die in lokalen Initiativen dafür sorgen, dass es mehr Radwege, mehr Tierschutz, weniger Flächen- und Ressourcenverbrauch gibt. Die Menschen, die das tun, leben zwar wirklich oftmals auf dem Land. Konservativ ist aber auch in gesellschaftlichen Themen nur eine Minderheit von ihnen.
Der Satz, über den ich noch mehr gestolpert bin, ist der bereits zitierte, wonach FFF früher für Aufklärung (»Hört auf die Wissenschaft«) gestanden habe und heute ins Linksdogmatische abgedriftet sei. Wenngleich Hexenverbrennung und Bilderstürmerei seit einigen Jahren auch von Menschen gepredigt werden, die sich – was für eine Frechheit – deshalb sogar für links halten, ist ein aufklärerischer Ansatz (»Wage es zu wissen«/»Zeitalter der Vernunft«) heute in ökologischen Fragen doch automatisch ein linker. Es reicht schließlich nicht mehr zu wissen, was die Wissenschaft für geboten hielte – es geht darum, das auch durchzusetzen. Und zwar gegen massive Widerstände.
Bei den Kämpfen, die jetzt ausgetragen werden müssen, geht es gegen handfeste ökonomische Macht und massiven Lobbydruck. Der Westen wird nicht freiwillig aufhören, die Ressourcen anderer Kontinente und deren Bewohner auszubeuten. Amazon wird nicht freiwillig seine Retouren besteuern. Die Autoindustrie nicht freiwillig aufhören, ihre Lieblingsparteien zu alimentieren. Wenn es keine handfesten ökonomischen Interessen für den Raubzug gegen die Natur gäbe, wäre die Welt längst klimaneutral. Noch kein politischer Konflikt wurde dadurch gewonnen, dass man ihn entpolitisiert und so tut, als gäbe es keine Gegner der eigenen Anliegen. Dass Teile von FFF das erkannt haben, spricht eher für ihre gewachsene intellektuelle Substanz als für ein Abdriften nach links.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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