- Kommentare
- Hamburger Hafen
Die Kleinen hängt man
Es gibt weitaus kritischere Abhängigkeiten von China als eine Beteiligung am Hamburger Hafen
Die Bundesregierung und die Opposition üben sich wieder einmal in schriller Symbolpolitik: Kritische Infrastruktur dürfe keinesfalls in chinesische Hände geraten, wurde dieser Tage vor einem Einstieg des staatlichen chinesischen Logistikkonzerns Cosco gewarnt, den Bundeskanzler Olaf Scholz nicht verhindern will.
Dass eine Minderheitsbeteiligung von Cosco an einem der kleinsten unter einem Dutzend verschiedenartigster Terminals keine feindliche Übernahme des drittgrößten Hafens in Europa ist – was soll’s. Und dass die »Suprastruktur« in einem Hafen, also die Einrichtungen für den Umschlag wie eben der Containerterminal Tollerort, bei dem Cosco mit einer Minderheitenbeteiligung einsteigen will, den Gegenbegriff zur Infrastruktur darstellt – wer interessiert sich schon für ökonomische Fakten? Wie diese: Grund und Boden im Hamburger Hafen gehören allein der Stadt; der Terminalbetreiber ist nur Mieter.
Politiker und viele Medien halten tagtägliche Skandalisierung für populär. Und gefährden mit diesem eigentlichen Skandal die Demokratie. Während sie die Kleinen hängen – hier den Hamburger Hafenbetreiber HHLA –, lassen sie die Großen lieber laufen. So ist China für Konzerne wie Daimler oder Volkswagen der mit Abstand wichtigste Markt, BASF investiert in der Volksrepublik gerade zehn Milliarden Euro in eine neue Produktionsanlage. Wirklich »kritisch« ist auch die Abhängigkeit von Seltenen Erden aus China für die Energiewende.
Solche Abhängigkeiten von der Volksrepublik muss man nicht mögen. Aber eine konfrontative Ausrichtung der Regierung ist bestenfalls Symbolpolitik. Im schlimmsten Fall führt sie in einen weiteren Wirtschaftskrieg.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.