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Warnungen vor einer »Lex AfD«
Seit Jahren gibt es Forderungen und Konzepte für ein Stiftungsgesetz
Arne Semsrott kennt sich mit der Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) aus. Gemeinsam mit dem Juristen Matthias Jakubowski hat der Politikwissenschaftler die AfD-nahe Stiftung analysiert, sich deren Ziele und Personal genau angeschaut. Er weist darauf hin, dass die DES längst im sogenannten vorpolitischen Raum unterwegs ist, beispielsweise an Universitäten. »Die DES ist jetzt bereits aktiv, auch ohne staatliche Finanzierung«, warnte Semsrott jüngst auf einer Veranstaltung der Linksfraktion im Bundestag, die sich mit der Frage beschäftigte, ob und wie sich die Stiftung von einer staatlichen Fianzierung durch den Bund ferngehalten ließe. Im Fall der DES geht es laut Schätzungen um bis zu 70 Millionen Euro jährlich.
Klar ist: An der aktuellen Situation sind die demokratischen Fraktionen im Bundestag nicht unschuldig. Die finanzielle Förderung der politischen Stiftungen ist bisher kaum geregelt, Bundestag und insbesondere der mächtige Haushaltsausschuss entscheiden in den Haushaltsberatungen darüber, wie viel Geld die politischen Stiftungen erhalten und wer überhaupt von der staatlichen Förderung profitiert. Dabei mahnte schon 1993 eine vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsächer eingesetzte Kommission unabhängiger Sachverständiger die Einführung eines Stiftungsgesetzes an. Passiert ist das bis heute nicht.
Seitdem die AfD im Bundestag sitzt, ist diese Leerstelle wieder auffälliger geworden. Die Frage lautet: Kann es ein Stiftungsgesetz geben, das die Mittelvergabe regelt, gleichzeitig die DES von der Finanzierung ausschließt und die Regelung dennoch nicht darauf abzielt, die AfD auszubremsen? »Die inhaltlichen Kriterien eines Gesetzes müssen gleichermaßen für alle Stiftungen gelten«, mahnt Semsrott. In ihrer 2021 veröffentlichten Studie für die Otto-Brenner-Stiftung formulieren er und Jakubowski einen Vorschlag. »Ein Stiftungsfinanzierungsgesetz müsste die Vergabe staatlicher Mittel im Bereich der parteinahen Stiftungen an die Voraussetzung knüpfen, dass die Stiftungen und ihre zentralen Akteur*innen gemeinnützig und im Sinne der allgemeinen Menschenrechte handeln«, heißt es in der Studie. Es dürften keine menschenfeindlichen Positionen vertreten und Ziele verfolgt werden, die darauf abzielten, »Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer religiösen Ansichten, ihrer Weltanschauung oder auf eine rassistische Weise zu diskriminieren« sowie die offene Gesellschaft zu gefährden. Eine Bewertung soll ein unabhängiges Gremium aus Wissenschaftler*innen vornehmen.
Ähnlich, am Ende jedoch in seinem Bewertungsmaßstab anders ist ein von Volker Beck erarbeiteter Vorschlag aus dem Jahr 2021. Statt auf die Einhaltung der allgemeinen Menschenrechte würde der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete die parteinahen Stiftungen auf die Verteidigung und Förderung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (FDGO) verpflichten. Ob eine parteinahe Stiftung in diesem Sinne förderfähig ist, darüber würde das bereits heute für die Stiftungsaufsicht zuständige Bundesverwaltungsamt entscheiden. Bei Ablehnung stünde der gerichtliche Klageweg offen.
Semsrott und Jakubowski lehnen einen Rückgriff auf die FDGO ab, da der Begriff im Grundgesetz nicht definiert ist und »vor allem von deutschen Sicherheitsbehörden in seiner Bedeutung ausgefüllt und genutzt« werde. Sie warnen: »Würde die FDGO zum Maßstab der Mittelvergabe, würde mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz eine politische Behörde entscheiden, die in der Vergangenheit vor allem damit aufgefallen ist, äußerst vage, nicht immer zutreffende und in einigen Fällen die Realität nicht berücksichtigende Einschätzungen zu liefern.«
Auch die Politikwissenschaftler Claus Leggewie und Erik Meyer von der Universität Gießen bewerten Becks Vorschlag äußerst kritisch. In einem Positionspapier kommen sie zu dem Schluss, die Verweigerung finanzieller Mittel für die DES aus dem Bundeshaushalt unter Bezugnahme auf die FDGO sei verfassungswidrig und verstoße gegen die Chancengleichheit der Parteien. Dies sei ausdrücklich »kein Persilschein für antidemokratische Agitation, sondern ein konsequent demokratischer Umgang mit der Meinungsfreiheit«. Leggewie und Meyer sprechen sich ebenfalls für ein Stiftungsgesetz aus. Das zentrale Prüfkriterium müsste die Qualität der politischen Bildungsangebote sein. Um dafür Maßstäbe zu erarbeiten, solle auf Expert*innen aus der politischen Bildung gehört werden.
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