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Feinde der Demokratie
Christlicher Nationalismus, Rassismus und Wahlleugnung prägen das Trump-Lager. Eine wichtige Rolle bei der Radikalisierung spielen auch rechte Medien
Das bekannte Wahlkampfmotto des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump lautet »Make America Great Again« (Amerika wieder großartig machen), kurz MAGA. In den USA werden republikanische Politiker*innen, die Trump nacheifern und die entsprechende Anhängerschaft MAGA-Republikaner oder auch Trumpist*innen genannt. Was sie auszeichnet, ist ihr Rechtsextremismus – sie stellen die freiheitliche demokratische Grundordnung der USA infrage.
In einer Wahlkampfrede, die US-Präsident Joe Biden Anfang September in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania hielt, bezeichnete er die MAGA-Ideologie als »halbfaschistisch«. Man kann MAGA-Republikaner durchaus als faschistisch einordnen: Sie folgen einer autoritären Führerfigur – Trump, ihre Bewegung ist von rechtsextremem und rassistischem Gedankengut durchtränkt, sie leugnen Wahlergebnisse und schrecken auch vor politisch motivierter Gewalt nicht zurück.
In seiner Rede sagte Joe Biden auch, dass die meisten Republikaner keine MAGA-Republikaner seien. Doch stimmt das? Umfragen ergeben immer wieder, dass rund 70 Prozent der republikanischen Wählerschaft der – unwahren – Ansicht sind, Joe Biden habe die Präsidentschaftswahl nicht rechtmäßig gewonnen. Auch bei den Zwischenwahlen am 8. November, den Midterms, handelt es sich bei der Mehrheit der republikanischen Kandidat*innen, die auf Bundesebene und in den einzelnen Bundesstaaten antritt, um Wahlleugner*innen. Mehrere dieser Leute, deren Kandidatur von Trump unterstützt wird, verweigern ein klares Bekenntnis dazu, dass sie eine Wahlniederlage anerkennen würden.
Rechtsextreme Propaganda in Dauerschleife
In einer Umfrage von Anfang des Jahres gaben 40 Prozent der Republikaner an, Gewalt gegen die Regierung anzuwenden, könne möglicherweise gerechtfertigt sein. Den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 halten 61 Prozent der Republikaner einer anderen Umfrage zufolge für »legitimen Protest«. 71 Prozent der Wählerschaft in den USA gab in einer Befragung an, die Demokratie sei in Gefahr. Als größte Bedrohungen machten die Demokraten-Wähler Trump, den Obersten Gerichtshof und das Wahlleutekollegium aus. Die Republikaner hingegen sehen die Demokratie durch Biden, die US-Leitmedien, die Bundesregierung und die Briefwahl in Gefahr.
Wie kommt es zu einem solch verdrehten Weltbild bei den Republikanern? Eine große Rolle in der sich immer stärker radikalisierenden Basis spielen rechte US-Medien. Für eine Studie wurde Proband*innen, die bevorzugt den ultrarechten Fernsehsender Fox News schauen, Geld dafür geboten, dass sie zeitweilig zum Nachrichtensender CNN wechseln. Nach vier Wochen hatte sich etwas bei den Testpersonen geändert: Sie wussten mehr über die politischen Positionen Trumps, schenkten Falschinformationen über Biden weniger Glauben und änderten ihre Sichtweise zur Briefwahl. Auch hielten sie das Programm von Fox News für weniger relevant.
Studien wie diese zeigen, welchen Einfluss der Medienkonsum auf die politische Willensbildung hat. Es sind rechte US-Medien wie Fox News, Newsmax, One America News Network (OAN) oder Breitbart News, die tagein tagaus rechtsextreme Propaganda verbreiten und dadurch Millionen Menschen in den USA mit Verzerrungen und Lügen indoktrinieren. Schon seit Jahren ist Fox News der quotenstärkste Kabel-TV-Sender des Landes. Die Ermittlungsergebnisse des Untersuchungsausschusses im Repräsentantenhaus zum Kapitolsturm wurden von den großen Nachrichtensendern live übertragen – nicht aber von Fox News. Dort werden die neusten Entwicklungen in diesem politisch brisanten Fall kaum erwähnt.
Nachrichten, die Republikaner schlecht aussehen lassen, werden in rechten US-Medien weggelassen, sodass ein Teil des Publikums davon nichts mitbekommt. Der beliebteste Moderator bei Fox News ist der Demagoge Tucker Carlson. Er stellt das Wahlergebnis der Midterms bereits vorsorglich infrage und hilft damit den demokratiefeindlichen republikanischen Kandidat*innen, einen Nährboden für die Neuauflage der Wahllüge zu schaffen.
Die Agenda der MAGA-Republikaner unterscheidet sich von der herkömmlicher Republikaner insbesondere in zwei Punkten: der Demokratiefeindlichkeit und dem christlichen Nationalismus – die in der Verfassung vorgesehene Trennung von Staat und Kirche lehnen sie ab. Während Republikaner vor Trump insbesondere dafür bekannt waren, für einen »schlanken Staat«, frei von Regulierungen und mit möglichst niedrigen Steuern zu stehen, hat sich ersteres inzwischen geändert. Die Trumpist*innen in der Politik wollen zwar weiterhin Deregulierung für Konzerne und Reiche, aber ein striktes Regelkorsett für die einzelne Person: Verbot von Abtreibung, gleichgeschlechtlicher Ehe und sogar Verhütungsmitteln.
Trumpismus auf dem Vormarsch
Vergleichsweise moderate Politiker*innen existieren bei den Republikanern kaum noch. Wer sich nicht bedingungslos zu Trump und der faschistischen MAGA-Ideologie bekennt, überlebt politisch nicht lange. Das prominenteste Beispiel ist die Abgeordnete Liz Cheney aus Wyoming. Obwohl ihr Abstimmungsverhalten bei Gesetzentwürfen zu 93 Prozent auf Trump-Linie lag, stimmte sie in einem entscheidenden Punkt nicht mit dem MAGA-Führer überein: Sie stimmte als eine der wenigen Republikaner im US-Kongress für die Amtsenthebung Trumps nach seinem Putschversuch – dem Sturm seiner Anhängerschaft auf das Kapitol.
Das hat sie teuer bezahlt, denn sie verlor nach ihrem Platz in der Führungsriege der Republikaner im Kongress auch ihre parteiinterne Vorwahl im August. Mit dem riesigen Vorsprung von 37 Prozentpunkten wurde sie von ihrer Trump-treuen Herausforderin Harriet Hageman geschlagen. Zwar betont Joe Biden immer wieder, dass es Republikaner im Kongress gäbe, die die MAGA-Ideologie ablehnten. Doch es ist unerheblich, wenn diese sich nicht trauen, sich offen dagegenzustellen, aus Angst ihre politische Macht zu verlieren – so wie Liz Cheney.
Der Trumpismus kann sich nur deshalb immer weiter in der Republikanischen Partei ausbreiten, weil ihre Großspender dies akzeptieren. Sie wollen Deregulierung und Steuersenkungen, auch wenn dies bedeutet, demokratiefeindliche Verschwörungsideolog*innen mit ihren Wahlkampfmillionen zu unterstützen. Auch liberale US-Medien geben Schützenhilfe, indem sie vor allem über Kulturkampfthemen berichten und damit von der rechtslibertären Wirtschaftspolitik der Republikaner ablenken, die Sozialleistungen privatisieren oder ganz abschaffen wollen.
Die MAGA-Republikaner sind in den USA in der Minderheit – sie machen etwa 15 Prozent der US-Bevölkerung aus. Sie verfügen aufgrund des politischen Systems allerdings über ein Vielfaches an Macht und nach den Midterm-Wahlen werden sich noch mehr von ihnen in politischen Ämtern befinden.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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