Höhere Leistungen, Hilfen bei Jobsuche, Sanktionen bleiben

Das umstrittene Hartz IV soll zum 1. Januar 2023 zum neuen Bürgergeld umgewandelt werden

  • Jürgen Petzold
  • Lesedauer: 4 Min.

Bringt man den Gesetzentwurf auf einen kurzen Nenner, so hieße der: Mit dem Bürgergeld sollen die bisherigen Leistungen erhöht, mehr Vertrauen zwischen Leistungsbeziehern und Jobcentern aufgebaut und die Hilfen bei der Jobsuche intensiviert werden. Die umstrittenen Sanktionen werden allerdings auch künftig nicht entfallen.

Wer hat künftig Anspruch auf das Bürgergeld?

Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II hatte, wird künftig einen Anspruch auf Bürgergeld haben. Dafür müssen keine neuen Anträge gestellt werden. Infrage kommt das Bürgergeld auch für Menschen, deren Arbeitseinkommen nicht zum Lebensunterhalt reicht. Sie können ergänzende Unterstützung erhalten.

Wie hoch wird das Bürgergeld ausfallen?

Zum 1. Januar 2023 soll der Regelsatz für alleinstehende Erwachsene von derzeit 449 Euro um 53 Euro auf dann 502 Euro steigen. Für Erwachsene unter 25, die noch bei ihren Eltern leben, erhöht sich der Betrag auf 402 Euro, für Jugendliche zwischen 14 und 18 liegt er künftig bei 420 Euro, für Kinder von sechs bis 14 bei 348 Euro. Bei Kindern unter sechs Jahren sind es 318 Euro.

Wie wird die Arbeitsvermittlung aussehen und was wird aus den bisherigen Sanktionen?

Der Entwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht vor, dass die Arbeitssuchenden mit den Jobcentern einen Kooperationsplan vereinbaren. Am Anfang steht dabei eine halbjährige »Vertrauenszeit«, in der den Betroffenen nur eingeschränkt Leistungskürzungen drohen – und zwar, wenn sie mehrfach einen Termin beim Jobcenter verpassen. In diesem Fall ist eine zehnprozentige Leistungskürzung möglich. Nach den sechs Monaten drohen zusätzlich weitere Leistungskürzungen bei sogenannter Pflichtverletzung, etwa wenn der Betroffene eine zumutbare Stelle nicht antritt. Dies bringt beim ersten Mal eine Kürzung von 20 Prozent mit sich. Beim zweiten Mal sind es dann 30 Prozent. Nicht mehr zulässig sind Abzüge bei den Kosten der Unterkunft.

Was gilt künftig für die Weiterbildung?

Bislang scheiterte die Berufsausbildung eines Arbeitslosen oft daran, dass er vorrangig einen Aushilfsjob annehmen muss. Dieser »Vermittlungsvorrang« entfällt künftig. Eingeführt wird ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro. Zudem wird es Leistungsbeziehern ermöglicht, bei Bedarf in drei Jahren eine Umschulung im Rahmen einer geförderten beruflichen Weiterbildung zu besuchen anstatt wie bisher in zwei Jahren.

Können Bürgergeldbezieher ihre bisherige Wohnung behalten?

In den ersten beiden Jahren überprüfen die Jobcenter dem Entwurf zufolge nicht, ob eine Wohnung angemessen ist. Menschen, die arbeitslos sind und sich einen neuen Job suchen müssen, sollen sich nicht auch noch um ihre Wohnung sorgen müssen, argumentiert der Bundesarbeitsminister.

Welches Vermögen dürfen die Leistungsbezieher behalten?

In den ersten 24 Monaten werden Leistungen dann gewährt, wenn kein »erhebliches Vermögen« vorhanden ist. Hier gilt die Grenze von 60 000 Euro für den eigentlichen Leistungsbezieher und 30 000 Euro für jeden weiteren Menschen in der Bedarfsgemeinschaft. Das langfristige Schonvermögen wird auf 15 000 Euro erhöht. Zudem wird nicht mehr geprüft, ob das eigene Auto oder die eigene Wohnung angemessen sind.

Welche Zuverdienstmöglichkeiten sind geplant?

Wer zwischen 520 und 1000 Euro verdient, soll künftig mehr von seinem Einkommen behalten können. Die Freibeträge in diesem Bereich werden von 20 Prozent auf 30 Prozent angehoben. Auch die Freibeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende werden erhöht.

Können die Jobcenter auch künftig von den Leistungsbeziehern Geld zurückfordern?

Ja, allerdings gilt hier nunmehr eine Bagatellgrenze von 50 Euro. Erst wenn es um höhere Beträge geht, fordern die Jobcenter tatsächlich Geld zurück, das der Leistungsempfänger zu Unrecht bekommen hat.  AFP/nd

Betroffene: »Bürgergeld ist nur Kosmetik«
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