SPD kompromissbereit beim Bürgergeld

Nach der Ablehnung durch die Union im Bundesrat soll nun der Vermittlungsausschuss eine Lösung bringen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Union hat ihre Macht im Bundesrat genutzt. Am Montag ließen die Regierungen, an denen die Konservativen beteiligt sind, das Gesetz der rot-grün-gelben Bundesregierung zum Bürgergeld in der Länderkammer durchfallen. In der Regel wird in einem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sich eine Regierung im Bundesrat enthält, wenn zwischen den Regierungspartnern keine Einigkeit herrscht. Das galt unter anderem für die Koalition aus Brandenburg, in der SPD und Grüne für das Reformprojekt geworben hatten, die CDU es aber ablehnte.

Das Bürgergeld, welches das Hartz-IV-System ersetzen soll, war vom Bundesarbeitsministerium unter Leitung des SPD-Politikers Hubertus Heil ausgearbeitet worden. Der Minister kündigte im Bundesrat an, dass er umgehend den Vermittlungsausschuss anrufen wolle. Dort sei er selbst als Mitglied der Bundesregierung zwar nicht abstimmungsberechtigt, doch werde er teilnehmen und sich beteiligen, sagte Heil. »Das Wesen des Vermittlungsausschusses ist, dass er vertraulich tagt, und deshalb werde ich keine öffentlichen Vorschläge machen«, so der Sozialdemokrat. »Ich weiß aber, was ich will.«

Betroffene: »Bürgergeld ist nur Kosmetik«

Der Ausschuss besteht aus 32 Politikern – je 16 von Bundestag und Bundesrat. Die Mitglieder sind nicht an Weisungen gebunden. Wenn der Vermittlungsausschuss einen Kompromiss erzielt, was meistens der Fall ist, dann muss der Gesetzentwurf in seiner neuen Fassung erneut vom Bundestag und anschließend vom Bundesrat beschlossen werden.

Die Koalition könnte in dem Gremium zu weiteren Zugeständnissen an die Union bereit sein. »Meine Hand zur Lösung ist ausgestreckt«, verkündete Heil. Er halte Kompromiss in der Demokratie »für kein Schimpfwort«. Das ist durchaus nicht als Floskel zu verstehen. Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP war der Union bereits entgegengekommen und hatte den Entwurf in den vergangenen Wochen zulasten der Erwerbslosen geändert. So werden die Heizkosten in einer zweijährigen Karenzzeit nur noch in »angemessener« Höhe und nicht komplett, wie es ursprünglich geplant war, vom Jobcenter übernommen.

Doch die Union hat weitere Kritikpunkte. Sie befürchtet eine Lockerung der Sanktionen und ist gegen die Erhöhung des Schonvermögens. Kein Problem hat die Oppositionspartei hingegen mit der Erhöhung der Regelsätze. Sie sollen von derzeit 449 Euro für Alleinstehende auf 502 Euro steigen. Die Konservativen wollen demnächst erneut einen Antrag in den Bundestag einbringen, mit dem diese Erhöhung unabhängig von den sonstigen Veränderungen beschlossen werden könnte, die das Bürgergeld vorsieht. Die Bundesregierung hofft hingegen auf eine schnelle Lösung im Vermittlungsausschuss, damit das Gesetz bei der Bundesratssitzung am 25. November beschlossen und zu Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten kann.

Unterstützung erhielt die Koalition in der Länderkammer von der Linkspartei, die an vier Landesregierungen beteiligt ist. In einer gemeinsamen Erklärung von Linke-Regierungspolitikern sowie der Spitzen von Bundespartei und Bundestagsfraktion hieß es am Montag, dass das Bürgergeld keine Überwindung von Hartz IV sei, die linksregierten Länder sich aber trotzdem »nicht an dem rückwärtsgewandten Blockadeversuch durch die unionsgeführten Länder beteiligen« wollten. Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte den Konservativen vorgeworfen, dass es ihnen nicht um sachliche Lösungen, »sondern um parteipolitisches Ego« gehe. Dass die Union »das durch harte und eigene Arbeit aufgebaute Vermögen – in der Regel die Altersvorsorge derjenigen, die in den Leistungsbezug des Bürgergelds kommen – in Frage stellt, ist eine Enteignung von oben nach unten«, schrieben die Linke-Politiker in ihrem Papier.

Zwar ist ihr Einfluss in dem Gremium gering, aber die Linke will diverse eigene Forderungen in den Vermittlungsausschuss einbringen. Dabei geht es unter anderem um eine weitere Erhöhung der Regelsätze, den Verzicht auf Sanktionen, die Übernahme von Heiz- und Stromkosten sowie um geförderte Arbeit für Langzeiterwerbslose. Die Linksfraktion hatte sich in der vergangenen Woche bei der Abstimmung zum Bürgergeld im Bundestag geschlossen enthalten.

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