Aushängeschild G20-Gipfel

Das Großereignis soll helfen, mehr digitale Nomaden dauerhaft nach Bali zu locken

  • Barbara Barkhausen
  • Lesedauer: 3 Min.

Indonesien will mehr internationale Besucher anlocken. Diesen Plan verfolgt der südostasiatische Inselstaat bereits seit Anfang 2020, als man zehn »neue Balis« plante: Touristenziele, die besser erschlossen werden sollten, wie Mandalika auf der Insel Lombok, der Tobasee in Nord-Sumatra, der in einer gebirgigen Region mit heißen Quellen und Wasserfällen liegt, oder Labuan Bajo, das »Eingangstor« zum Komodo-Nationalpark. Doch dann kam die Pandemie, und das Land schloss seine Grenzen. Die Verluste durch die Coronakrise waren gewaltig: Mindestens 160 000 Tote verzeichnete das Land, und auch wirtschaftlich war der Einbruch immens. Vor allem Inseln wie Bali, das zu großen Teilen vom Tourismus lebt, litten gewaltig.

Seit der Wiederöffnung des Landes Anfang dieses Jahres will Indonesien aber zu den alten Plänen zurückkehren. Inzwischen setzt der Inselstaat jedoch verstärkt auf »Qualitätstourismus« – das heißt Touristen, die länger bleiben und damit mehr Geld ins Land bringen. Um dies anzukurbeln, hat die Regierung bereits sogenannten digitalen Nomaden das Arbeiten von Indonesien aus erleichtert. Es handelt sich um die vielen Beschäftigten, die für ihren Job eigentlich nur stabiles Internet und keinen festen Arbeitsort benötigen.

Nun kommt auch noch ein neues Zweitwohnsitz-Visum hinzu. Die neue Kategorie erlaubt es Ausländern mit einem Guthaben von über 130 000 US-Dollar, eine auf zehn Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis für Bali und andere beliebte Reiseziele zu beantragen. Auf diese Weise sollen Gutverdiener, Rentner und hochqualifizierte digitale Nomaden dazu gebracht werden, sich ein Leben in Indonesien aufzubauen.

Indonesiens neues Visum wurde Ende Oktober offiziell angekündigt – mit Blick auf das bevorstehende große Event, zu dem Tausende Delegierte aus den 20 größten Volkswirtschaften anreisen und die ganze Welt nach Bali blickt. Dies gestand der Generaldirektor der Einwanderungsbehörde, Widodo Ekatjahjana, ein. Man habe das Visum »im Hinblick auf die Umsetzung des G20-Gipfels« eingeführt, meinte er. »Ziel ist es, ausländische Touristen nach Bali und zu diversen anderen Reisezielen zu locken.« Man hoffe, dass zumindest einige Delegierte einen längeren Aufenthalt auf der beliebten Urlaubsinsel andenken und »einen positiven Beitrag zur indonesischen Wirtschaft leisten«.

Das neue Zweitwohnsitz-Visum ist bereits der zweite Versuch, Besucher zum Verweilen auf den Inseln zu bewegen. Zuvor gab Indonesien bekannt, an einem auf fünf Jahre angelegten Visum für digitale Nomaden zu arbeiten, das es ausländischen Unternehmen erlaubt, aus der Ferne zu arbeiten, ohne dass sie in Indonesien Steuern zahlen müssen. Das schon länger bestehende B211A-Visum erlaubt Ausländern, bis zu sechs Monate in dem Inselstaat zu leben und »remote« zu arbeiten.

Indonesien ist nicht das einzige Land, das aus dem neu erwachten Reisefieber nach der Pandemie Vorteile ziehen will. Laut eines Berichts des Migration Policy Institutes mehr als zwei Dutzend Länder Visa für digitale Nomaden eingeführt. Besonders beliebt ist bisher auch Portugal, Kolumbien, Kroatien und Thailand, doch Bali gilt als klarer Favorit. So meldete die Firma Outpost, die digitalen Nomaden Arbeitsbereiche auf der Insel anbietet, bereits im Juni Rekordbuchungen seit Gründung der Firma 2016.

Der holländische Softwareingenieur Koen van Marrewijk beschrieb auf dem Karrierenetzwerk Linkedin, wie er, aus einer Kokosnuss trinkend, am Strand im balinesischen Canggu von seinem Laptop aus gearbeitet habe. Die Zeit habe ihm sehr gut getan: »Dieser Ort ist magisch, die Natur ist erstaunlich, aber was bei Weitem das Beste ist, sind die Menschen.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!