- Berlin
- Schulpolitik
Staatsdiener in Trümmerschulen
Senat bringt Gesetz zur Verbeamtung der Berliner Lehrkräfte auf den Weg
Der Senat hat grünes Licht gegeben für das von der Bildungsverwaltung vorgelegte Lehrkräfteverbeamtungsgesetz. Fast zwei Jahrzehnte, nachdem Berlin die Verbeamtung an den Schulen gestoppt hat, will man 2023 wieder voll einsteigen. »Gute Bildung für Berlin hat heute einen guten Tag. Ich bin ganz glücklich«, sagt Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) am Dienstag im Anschluss an die Senatssitzung. Busse rechnet dabei mit insgesamt 16.000 bislang angestellten Lehrkräften, denen man alsbald ein Verbeamtungsangebot machen könne.
Das Ziel ist klar: Man will mit dem Beamtenstatus dem grassierenden Lehrkräftemangel entgegenwirken, Personal in der Stadt halten oder in andere Bundesländer abgewanderte Pädagogen zurückholen. Bis zu 4000 Lehrer könnten in den kommenden Jahren ihre Zelte in Brandenburg und anderswo abbrechen, gibt Busse die Optimistin: »Manche werden geheiratet haben und sind in der Uckermark gut angekommen, aber viele kommen sicher auch wieder zurück.«
Zentraler Bestandteil des sogenannten Artikelgesetzes, mit dem gleichzeitig mehrere Gesetze und Verordnungen geändert werden, ist die auf das aktuelle Schuljahr beschränkte Anhebung der Altersgrenze für die Verbeamtung von den sonst üblichen 45 Jahren auf 52 Jahre. »Berlin hat da wirklich geguckt«, sagt Busse. »Ich möchte auch die Kolleginnen und Kollegen nicht vergessen, die jahrzehntelang ihre Arbeit gut gemacht haben.« Über die Sonderregelung für Lehrkräfte hatte es zuvor zwischen der Bildungs- und der Finanzverwaltung – freundlich formuliert – diverse Unstimmigkeiten gegeben.
Während dies abgeräumt ist, bleibt die Frage nach dem Nachteilsausgleich für die rund 5000 Lehrkräfte, die aus Alters- oder gesundheitlichen Gründen nicht verbeamtet werden können oder aus freien Stücken einfach nicht verbeamtet werden wollen, weiterhin in der Schwebe. Dass es für sie eine finanzielle Kompensation geben soll, gilt als gesetzt. Wie hoch diese ausfällt, muss erst noch verhandelt werden, wobei der Senat das Problem nun erst einmal bequem an das Abgeordnetenhaus delegiert hat, das das Gesetz im Januar und damit noch vor der Wiederholung der Berlin-Wahlen beschließen soll.
Eines weiß man gleichwohl schon: Das komplette Verbeamtungsvorhaben wird das Land Berlin teuer zu stehen kommen, und zwar wenn es irgendwann an die Auszahlung der Beamtenpensionen geht. Wie die Bildungsverwaltung kürzlich in einer Antwort auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Tobias Bauschke mitteilte, dürften die Mehrausgaben für die dann fälligen Versorgungsbezüge ab 2036 in flottem Tempo nach oben schnellen, von zunächst rund 50 Millionen auf 642 Millionen Euro im Jahr 2049.
»Das wollte niemand hören, war aber allen bewusst«, sagt Tom Erdmann zu »nd«. Der Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) glaubt dabei nicht an den ungebremsten Optimismus von Bildungssenatorin Busse: »Vielleicht hat die Aussicht auf Verbeamtung eine Handvoll Kolleginnen und Kollegen davon abgehalten, in ein anderes Bundesland zu gehen. Aber das beseitigt ja nicht den Lehrkräftemangel.«
Dem Pädagogenansturm auf Berlins Schulen stünden mehrere Aspekte entgegen. So bilde die Hauptstadt nach wie vor zu wenig Lehrkräfte aus. Hinzu komme, dass etwa auch der Mangel an bezahlbarem Wohnraum nicht unbedingt geeignet sei, Absolventen an die Stadt zu binden. Und, so der GEW-Chef: »Wenn man sich die Lehr- und Lernbedingungen in den zum Teil maroden Schulgebäuden anschaut, dann muss man sagen: Das macht die Berliner Schule nicht wirklich zu einem attraktiven Arbeitsplatz.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.