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Ärger um den Thüringer Haushalt

Gespräche zwischen der rot-rot-grünen Minderheitsregierung und der CDU stocken

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Frühstück war bestellt und geliefert worden, auch für den Thüringer CDU-Fraktionschef Mario Voigt. Es hätte also eine angenehme Verhandlungsrunde werden können, die für Dienstagmorgen zwischen den rot-rot-grünen Fraktionsvorsitzenden und Voigt geplant war: Kaffee, Brötchen, dazu ein paar nette Zahlenreihen zur Entwicklung der Landesfinanzen in den nächsten Jahren. Jedenfalls bei Rot-Rot-Grün war die Hoffnung nicht klein, dass dieses Treffen ein wichtiger Punkt auf dem Weg zum Landeshaushalt 2023 werden würde. Immerhin hatte Voigt erklärt, welche Bedingungen er stelle, unter denen die Union einem Haushaltsentwurf für das nächste Jahre zustimmen wolle. Aber Voigt kam nicht. Mit Absicht, wie er später erklärte.

Er habe, so Voigt, mit Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und Finanzministerin Heike Taubert (SPD) in der vergangenen Woche vereinbart, dass er eine schriftliche Vorlage zu den Kritikpunkten der Union an den bisherigen Haushaltsplänen erhalten werde. Nachdem am Montagabend diese Vorlage aber noch immer nicht bei ihm gewesen sei, habe er gegenüber Rot-Rot-Grün »angeregt, dass der Termin verschoben werden soll«. Es sagt viel über die politische Diskussionskultur im Freistaat aus, dass nicht nur Linksfraktionschef Steffen Dittes, sondern zum Beispiel auch ein Sprecher Tauberts diese Darstellung bestritt.

Neben Dittes waren auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich und ihr SPD-Amtskollege Matthias Hey unzufrieden. Dass Voigt für die aktuellen Verhandlungen zum Landeshaushalt 2023 Angaben von der Landesregierung – und dabei vor allem von Ramelow und Taubert – fordert, lässt tief blicken. Immerhin ist die Verabschiedung eines Haushalts das Königsrecht des Parlaments. Die Regierung ist dabei nach der Vorlage ihres Haushaltsentwurfs – den sie im Sommer bereits in den Landtag eingebracht hat – praktisch außen vor. Voigt müsste sich also zuerst mit Dittes, Hey und Rothe-Beinlich auseinandersetzen.

Voigt sieht das anders und wies zurück, dass er oder die Union schuld daran sei, dass der bisherige Zeitplan für die Verabschiedung des Landeshaushalts immer schwerer einzuhalten sei. »In der schwierigen Lage, in der sich Thüringen befindet, ist es wichtig, dass der Oppositionsführer und der Ministerpräsident gemeinsam nach Lösungen suchen«, bekräftigte Voigt und spielte auf die fehlenden klaren Mehrheitsverhältnisse im Landesparlament an. Bei der Landtagswahl 2024, so der CDU-Politiker, gehe es darum, ob Ramelow oder er Ministerpräsident werde. Es sei deshalb nur folgerichtig, dass zwischen ihm und Ramelow schon heute Entscheidungen besprochen würden, die für das ganze Land maßgeblich seien.

Zwar sei es natürlich das Recht des Oppositionsführers, zu allen möglichen Themen mit der Landesregierung zu sprechen, erklärten die rot-rot-grünen Fraktionschefs. Zudem sei es auch richtig, dass die Landesregierung bestimmte Informationen an die Opposition weitergebe, die nur sie aufbereiten könne, nicht aber die Landtagsfraktionen. Allerdings habe sie den Eindruck, Voigt versuche nicht nur, sich als Herausforderer von Ramelow als jemand zu profilieren, der jederzeit Zugang zum Ministerpräsidenten habe, erklärte Rothe-Beinlich. Sie glaube auch, Voigt versuche, die rot-rot-grüne Landesregierung gegen die rot-rot-grünen Fraktionen auszuspielen.

Der enge Draht zwischen Ramelow und Voigt bedeutet für die Landes-CDU auch ein strategisches Dilemma, insbesondere mit Blick auf die Landtagswahl 2024. Denn es ist nicht einfach, den Wählern in Thüringen zu erklären, die CDU wolle einen kompletten Politikwechsel im Land, wenn sie gleichzeitig zentrale Entscheidung in den vergangenen Jahren mitgetragen hat.

Voigt müsse sich gut überlegen, ob er nicht am Ende der Verlierer sei, wenn er zu engen und regelmäßigen Kontakt zum ersten Linke-Ministerpräsidenten der jüngeren deutschen Geschichte halte, so Ramelow. Immerhin bedeute das, dass seine – also Ramelows – Rolle nur noch gestärkt werde. »Ich habe menschlich aber ein gutes Verhältnis zu ihm«, sagte Ramelow. Selbst wenn Rot-Rot-Grün im Landtag eine Mehrheit habe, sei Voigt als Vorsitzender der zweitgrößten Parlamentsfraktion ein »natürlicher und wichtiger Gesprächspartner«, erklärte Ramelow.

Allerdings ist er aus Sicht des Regierungschefs offenbar kein einfacher Partner. Auch Ramelow warf der CDU-Fraktion taktische Manöver vor. Voigt habe am Dienstag, als sich das Kabinett noch mit seinem Brief zu den CDU-Forderungen zum Haushalt beschäftigte, weitere Forderungen öffentlich aufgestellt. Diese beliefen sich nach seiner Rechnung auf 585 Millionen Euro, die das Land zusätzlich für Kommunen ausgeben solle. Dabei gehe es um 289 Millionen Euro für die Landkreise, die zusätzliche Zahlungen an die Gemeinden von rund 230 Millionen Euro zur Folge hätten. Zudem wolle die CDU-Fraktion 60 Millionen für das Kleine-Gemeinden-Programm. Ramelow äußerte sich irritiert über das Vorgehen Voigts, der bei internen Gesprächen keine Zahlen nennen wollte.

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